20240816 MiJ Ostukraine Pokrovsk vor dem Sturm Wehrsch Mod
Vor vier Jahren zählte Pokrovsk noch mehr als 60.000 Einwohner; wie viele es nun sind, ist unklar; die Spuren des Krieges sind im Zentrum deutlich sichtbar. Das beste Hotel der Stadt und einige Nachbargebäude sind nur mehr Ruinen und zeugen davon, wie enorm die Wucht der Explosion gewesen sein muss. Je näher die Front rückt, desto mehr Zivilisten werden in Sicherheit gebracht. Sammelpunkt ist eine Schule; davor stehen zwei Autobusse, im Schulgebäude erfolgt die Registrierung der Personen, die abreisen werden. 1800 Personen wurden binnen weniger Tage schon aus der Stadt und Kriegsgebieten evakuiert, sagt Katarina Janschula, die Pressesprecherin der zivil-militärischen Verwaltung:
Katarina Janschula: 1'41'3 - Wer wird evakuiert - 2'10'2
"Evakuiert werden vor allem Personen, die selbst niemanden haben, zu dem sie fahren könnten. Sie werden beispielsweise in Studentenheimen, Kindergärten und Schulen untergebracht; dort können sie bleiben, bis sie eine Unterkunft gefunden haben."
Mit dem Bus geht es zunächst zum Bahnhof; von dort geht es weiter nach Lemberg und in andere, weitgehend sichere Orte. Die Schule ist aber auch der Ort, wo humanitäre Hilfe ausgegeben wird. Konserven, Zucker, Mehl und andere Grundnahrungsmittel finanzieren Staaten des Westens, wobei die Verteilung unter Aufsicht der UNO erfolgt. Zu den Mitarbeiterinnen zählt Olena, die die Personalien der Empfänger überprüft und die Listen führt:
20240814 Olena registrator humanitarna pomoc Pokrovsk
Olena 05'4 - Wie viele Hilfspakete täglich - 42'2
"Im Durchschnitt verteilen wir täglich an 800 Personen Hilfspakete; das sind Bewohner des Gemeindebundes von Pokrovsk; das sind Personen, die älter sind als 65 Jahre, Invalide, alleinerziehende Personen und arme Familien. Die Bandbreite ist groß."
Auf die Evakuierung bereitet sich auch die Wirtschaft vor. Die Filiale einer österreichischen Bank ist bereits geschlossen; auch die Filialleiterin Olena Damjanez, die Stadt verlassen und sagt:
Olena Damjanez 1'51'5 - Auswirkungen auf Arbeit? - 2'05'7
"Als es völlig unsicher wurde, als die Front weniger als 15 Kilometer entfernt war, da wurde die Entscheidung zur Evakuierung getroffen."
Die Filiale einer Staatsbank harrt noch aus, doch die Vorbereitungen sind bereits abgeschlossen. Die Fassade der Bank ist verbarrikadiert; durch Beschuss wurde ein Nachbargebäude schwer beschädigt, und Splitte trafen auch die Filiale. Ihre Arbeiten einstellen wird auch eine private Bäckerei; sie liefert nach wie vor humanitäre Hilfe auch in Frontnähe aus, doch die Bewegungsfreiheit werde immer geringer, sagt Jevhenija Tkatschenko, die Frau des Bäckers. Die Stimmung in Pokrovsk schilder sie so:
Jevhenija Tkatschenko 7'01 - Volksmeinung - 7'32'5
"Ich spreche mit vielen Leuten; und 90 Prozent sind überzeugt, dass die Russen die Stadt nicht erobern werden. Doch die Menschen haben Angst vor dem Beschuss mit Drohnen, Artillerie und Raketen, weil sie um ihre Habe fürchten."
Die Region Pokrovsk ist ein Zentrum der Schwerindustrie und ein strategisch wichtiger Verkehrsknotenpunkt und daher ein wichtiges Kriegsziel. Bleibt zu hoffen, dass der Stadt massive Zerstörungen erspart bleiben mögen.