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20240806 ORFIII Kriegsgefangene in der Ukraine Wehrschütz

Fernsehen
ORFIII
Berichte Ukraine

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ukraine

Insert1: Sergej (42), russischer Kriegsgefangener seit Februar 2024

Insert2: Olexandr (24), ausgetauschter ukrainischer Kriegsgefangener

Insert3: Olexandr (24), ausgetauschter ukrainischer Kriegsgefangener

Insert4: Achille Despres, Pressesprecher des IKRK in Kiew

Insert5: Achille Despres, Pressesprecher des IKRK in Kiew

Insert6: Petro Jazenko, Leiter der Pressestelle im Stab für Kriegsgefangene

Gesamtlänge: 5‘19

Dieses Lager für Kriegsgefangene in der Westukraine konnte der ORF besuchen. Drei Lager gibt es in der Ukraine. Ob alle so gut ausgestattet sind, lässt sich nicht überprüfen. Verpflegung und medizinische Versorgung sind gewährleistet; die Insassen können arbeiten, müssen es aber nicht. Die Aufenthaltsdauer ist unterschiedlich; Sergej ist seit fünf Monaten Kriegsgefangener:

Sergej 6’35 – 6’55
„Nun ja, die Chancen für einen Austausch, ich weiß es nicht. Sie haben wohl getauscht, aber jetzt haben sie den Austausch eingestellt. Ich kenne den Grund nicht. Sie sagen, dass angeblich die Russische Föderation nicht austauschen will. Ich weiß nicht, ob das wahr ist.“

Bilder von russischen Kriegsgefangenenlagern waren nicht aufzutreiben; was es gibt, sind Videos und Bilder vom Austausch von Gefangenen; der bisher letzte fand im Juni statt. Mariupol war der Ort wo viele Ukrainer wenige Monate nach Kriegsbeginn in russische Gefangenschaft gerieten. Das gilt auch für den Kraftfahrer Olexandr; er wurde erst nach 20 Monaten ausgetauscht:

5:08 Oleksandr
„Es war ein großes Kriegsgefangenenlager. Dort befanden sich immer ungefähr anderthalbtausend ukrainische Kriegsgefangene. Die Bedingungen waren nicht die besten, natürlich gab es Probleme mit der Verpflegung, der medizinischen Versorgung, der Kleidung und der Hygiene. Aber wir haben uns nach und nach an diese Bedingungen angepasst und versucht, dort zu überleben.“

Das heißt, die Wachmannschaften des Lagers haben sich nicht korrekt verhalten?

Olexandr 6’26:
„Es gab regelmäßig Schläge; hinzu kam moralischer Druck durch Beleidigungen und verbale Demütigungen; das heißt, sie nannten uns alles Mögliche. Sie zwangen uns, sowjetische Lieder auswendig zu lernen; sie zwangen uns, alle Führer der sogenannten Volksrepublik Donezk und Lugansk zu kennen, wer sie sind, welche Position sie innehaben.“

Nicht gut zu sprechen ist Olexandr auf das Internationale Komitee vom Roten Kreuz; seine Vertreter habe er nur einmal bei seiner Gefangennahme gesehen. In Kiew sagt das IKRK dazu:

Achille Despres: 14'37'2 - Zugang zu Gefangenen - 15'06'2
"Der Zugang zu Kriegsgefangenen ist immer schwierig, und zwar unabhängig vom Konflikt. Da geht es um sensible Dinge für Staaten in bewaffneten Konflikten. Das zeigt auch das Beispiel des ukrainischen Gefangenen, das sie genannt haben. Wir wissen, dass es Tausende Kriegsgefangene gibt, die wir nicht besuchen konnten. Besuchen konnten wir bisher insgesamt 3000 auf beiden Seiten, doch das ist nicht genug."

Was macht das IKRK wenn es Zugang zu Kriegsgefangenenlagern hat?

12'25'7 - Dauer des Besuches bei POW - 13'27'2
"Ein Besuch kann bis zu einer Woche dauern; da sind dann auch unsere Experten dabei. Unser Ziel besteht darin, im Vertrauen mit den Kriegsgefangenen zu sprechen, damit sie offen sagen können, wie es ihnen geht. Doch es geht auch um die Inspektion des gesamten Lagers. Wir wollen nicht an irgendwelchen Propagandashows beteiligt sein. wobei wir auch mit der Leitung des Lagers sprechen. Dann schreiben wir ihnen einen Bericht, der vertraulich ist: doch wir müssen immer mit den Behörden zusammenarbeiten; wir können nicht unangemeldet kommen, sondern wir müssen um den Zugang zum Lager ansuchen und auch eine Liste unserer Mitarbeiter beilegen, die kommen werden. Was wir ebenfalls können, ist Botschaften von Gefangenen an ihre Angehörigen übermitteln."

Bewertungen zur Kooperationsbereitschaft von Russland und der Ukraine gibt das IKRK wegen seiner Neutralität nicht ab; dafür spricht die Kritik in Kiew an Moskau eine klare Sprache:

Petro Jazenko 4’23
„Russland stellt uns keine offiziellen Daten über ukrainische Militärangehörige zur Verfügung, die sich auf ihrem Territorium und den vorübergehend besetzten Gebieten befinden. Aber wir haben Datenbanken, in denen jeder ukrainische Militärangehörige sowie Zivilpersonen erfasst und registriert sind. Wir haben ein nationales Informationsbüro, das gemäß den Anforderungen der dritten Genfer Konvention eingerichtet wurde. Dorthin können sich alle Angehörigen und nahestehenden Personen der Militärangehörigen wenden. Es gibt eine Hotline, die rund um die Uhr arbeitet. Sie liefern diese Daten, und wir wissen, dass eine Person beispielsweise vermisst ist oder in Gefangenschaft geraten ist. Leider sind viele ukrainische Militärangehörige vermisst, und wir haben derzeit keinen Zugang zu den besetzten Gebieten, um Untersuchungen, Exhumierungen von Leichen und Überresten, die dort verblieben sein könnten, und DNA-Tests durchzuführen. Dies würde es uns ermöglichen, viele Vermisste zu finden.“

Etwas mehr als 50-mal wurden seit Beginn des großen Krieges Ende Februar 2022 Gefangene ausgetauscht. Erzählungen ukrainischer Freigelassener über Misshandlungen und Schikanen sind ein Faktor, der allfällige Friedensverhandlungen zusätzlich erschwert.

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