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20240614 ORFIII Reportage aus Odessa Wehrschütz Mod

Fernsehen
ORFIII
Berichte Ukraine

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Odessa

Insert1: Dmitro Barinow, stellvertretender Direktor der Häfen der Ukraine

Insert2: Wolodimir Hetrenko, Pressesprecher des Verkehrsstadtrates vom Odessa

Insert3: Vitalij Dobrovolskij, Direktor einer Brotfabrik in Odessa

Insert4: Boris Goldenstein, Eigentümer des Unternehmens Zezman

Insert5: Boris Goldenstein, Eigentümer des Unternehmens Zezman

Gesamtlänge: 5’47

Gemessen an der Größe der Stadt Odessa sind die Schäden durch russische Angriffe im Zentrum bisher eher überschaubau; trotzdem sind sie ein mahnendes Zeichen dafür, dass es auch in Odessa keinen wirklich sicheren Ort gibt. Dabei war die Lage der Stadt zu Kriegsbeginn vor mehr als zwei Jahren viel schlimmer. Doch der Ukraine gelang es schrittweise, die Schifffahrtswege freizukämpfen; damit sind umfangreiche Exporte von Getreide und anderen Rohstoffen wieder möglich:

Dmitro Barinow:
6'48'0 - Tonnage seit der Befreiung - 7'21'5
"Seit der Sicherstellung sicherer Schifffahrtswege durch unsere Streitkräfte im August des Vorjahres haben wir bis Ende Mai bereits mehr als 50 Millionen Tonnen exportiert. Hinzu kommen noch an den drei Donau-Häfen bis zu einer Millionen Tonnen, die jedes Monat umgeschlagen werden. Das heißt wir haben bereits wieder 75 Prozent des Vorkriegsumfanges erreicht."

Andererseits sind die Folgen der russischen Großangriffe auf die Stromversorgung der Ukraine bereits mit freiem Auge und auch am Tage sichtbar. Dazu zählen die vielen Generatoren, die das Stadtbild im Zentrum bereits prägen. Auch der öffentliche Verkehr leidet unter den Engpässen bei der Stromversorgung; sie sind durch den Einsatz von Autobussen nur bedingt kompensierbar, weil Treibstoff teuer ist und auch Fahrer zur Armee eingezogen wurden:

Wolodimir Hetrenko,
Pressesprecher des Verkehrsstadtrates vom Odessa
47'7 - Einschränkungen durch Stromengpässe - 1'33'5
„In der Stadt ist der Betrieb des Elektroverkehrs eingeschränkt, um zusätzliche Energie für Haushalte freizugeben, damit mehr Strom in die Häuser unserer Bürger fließen kann. Im Durchschnitt sind nur etwa 30 Prozent der geplanten Elektrotransporte im Einsatz, sowohl Straßenbahnen als auch Oberleitungsbusse. Dank unseres gut ausgebauten Netzes von Buslinien können wir jedoch die wichtigsten Routen abdecken, damit die Menschen ihre Ziele erreichen können.“

Zu den Betrieben der kritischen Infrastruktur in Odessa zählt diese Brotfabrik; sie hat nur in Ausnahmefällen mit Stromabschaltungen zu kämpfen, leidet aber auch darunter, dass die Preise für Brennstoffe, Mehl und Strom massiv gestiegen sind. Hinzu kommt der Mangel an Arbeitskräften, der auch diesen Betrieb trifft, der nun 250 offene Stellen aufweist:

5'18'5 - Mitarbeiter - 5'56'3
„Tatsächlich haben wir weniger als 1.000 Mitarbeiter. Dies ist sehr schwierig; die Mobilisierung wirkt sich stark dahingehend aus, dass die mehr als 150 Menschen, die wir während der militärischen Handlungen verloren haben, hauptsächlich Männer sind. Heute fehlt uns katastrophal die ausreichende Anzahl von Männern für die grundlegenden und schwersten Prozesse, die Frauen leider nicht ausführen können. Dies betreffen die Produktverpackung und -lieferung sowie die Reparatur technischer Ausrüstung. Leider sind es die verantwortungsvollsten Mitarbeiter, die eingezogen werden.“

Wie ein massiver Gegensatz dazu wirkt das Leben in den Restaurants und Kaffes der Stadt; es ist das Streben nach einer Normalität in einer abnormalen Lage, ein Leben, das auch ein Besuch am Strand zeigt; die Strände sind wieder geöffnet und Sonnenbaden weniger gefährlich, seit die Russen zurückgedrängt wurden. Wer diese Bilder sieht, denkt nicht an eine Stadt im Krieg. Andererseits gibt es viele Symbole für den Durchhaltewillen von Bevölkerung und Wirtschaft. Eines davon ist der Unternehmer Boris Goldenstein; er hat am Stadtrand von Odessa im Jahre 2017 mit der Entwicklung dieser Siedlung „Artville“ begonnen. Trotz aller Herausforderungen wird hier weitergebaut:
8'46'7 - Baustoffe keine Engpässe mehr - 10'35'7
"Mit den Baustoffen gab es in den ersten Wochen des Krieges Probleme; das betraf insbesondere Lieferungen, für die wir bereits bezahlt hatten, und die Produktion in den besetzten Gebieten erfolgte. So hatten wir einen Fall, wo wir bei einem zuverlässigen Zulieferer Fenster bestellt hatten, die jedoch in den besetzten Gebieten erzeugt wurden; da mussten wir neue bestellen. Jetzt ist es viel besser mit den Lieferungen, weil sich auch die Erzeuger angepasst haben."

Ein Quadratmeter Wohnfläche kostet in Artville nach wie vor etwa 1000 US-Dollar, wobei Wohnung im Durchschnitt 40 Quadratmeter groß sind. Wie rentabel ist das Baugeschäft in Zeiten des Krieges?

19'16'3 - Krisenmodus und Durchhalten und Heimatfront - - 17'14'4/17'31'2
"Jetzt ist nicht die Zeit, entgangene Gewinne und Verluste zu berechnen; jetzt geht es um Anti-Krisen-Verwaltung. Heute stehen die Unternehmen vor der Aufgabe, den Betrieb am Laufen zu halten und die Mannschaft zusammenzuhalten. Dasselbe gilt für die Projekte; Mittelfristig geht es darum, aus dem Antikrisenmodus wieder in einen Entwicklungsmodus überzugehen. Das hängt von vielen Faktoren ab, dazu zählen der Kriegsverlauf und die wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine. Jeder kämpft heute an seinem Platz; bei uns ist es dieser Betrieb, und das ist unsere Beteiligung an diesem Krieg."

Und dieser Krieg holt Odessa an vielen Nächten ein, wenn Fliegeralarm herrscht, und der Einsatz der Luftabwehr über der Stadt deutlich zu hören ist.

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