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Der Krieg als menschliche Tragödie

Sonstiges
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Berichte Ukraine

Insert1: Igor und Natalja, Ukrainischer Kriegsgefangener und seine Frau

Insert2: Kolja, Bewohner von Slowjansk in der Ostukraine

Insert3: Tatjana, Einwohnerin der Stadt Krivi Rih in der Südukraine

Gesamtlänge: 3‘15

Der Austausch von Kriegsgefangenen zählt zu den selten, positiven Gesten zwischen den Kriegsparteien in der Ukraine. Bis dahin zittern die Angehörigen um ihre Männer, Vater und Brüder. Im Raum Donezk ermöglichten jüngst die Machthaber ein Treffen zwischen Kriegsgefangenen und ihren Frauen. Bis dahin waren Kontakte nur durch Briefe und Pakete möglich:

0'07'3 – Igor und Natalja - 0'11'6
"Unsere Tochter ist zweieinhalb Jahre alt; ihren Vater hat sie ein Jahr und drei Monate nicht gesehen."

Die menschliche Tragik liegt wohl darin, dass alle aus Orten in der Ostukraine stammen, die Russland annektiert hat. Die Zukunft dieser Menschen ist somit ungewiss.

Igor war nur ein einfacher Angehöriger der Nationalgarde; im Kampfeinsatz war er nach eigenen Angaben nicht:

2'04'9 - Nicht im Kampfeinsatz - 2'17'3
Igor: "Ich habe nicht gekämpft, sondern Nutzwasser ausgeliefert, auch in die Schule."
Natalja: So haben wir einander kennengelernt; ich habe dort als Köchin gearbeitet."

Doch der Krieg zerreißt auch familiäre Bande. Verwandte hören auf, über Frontlinien und Grenzen hinweg miteinander zu sprechen, wie Koljas Beispiel zeigt, der seit mehr als acht Jahren in Slowjansk lebt:

2'00'6 - Abbruch privater Kontakte 2'43'7
"Meine Cousine lebt in Donezk; sie ist für Russland. Ich verstehe sie nicht und habe aufgehört mit ihr zu sprechen. Sie sagt, dass Donezk bereits acht Jahre bombardiert wird. Ja, einzelne Häuser wurden zerstört, doch das ist kein Vergleich zu dem, was in Bachmut passiert ist binnen eines Jahres. Donezk ist ganz geblieben."

Dieses schwer beschädigte Haus in der Stadt Krivij Rih beherbergt eine Tragödie besonderer Art. Zwar hatten Tatjana und ihre Tante Ljudmilla Glück im Unglück, weil ihre Wohnung unversehrt blieb; doch die beiden Frauen stammen aus Russland:

3'37'2 - Kann Russland nicht verzeihen - 3'52'1 ….. 4‘51‘9
"Wir haben sehr viel gebetet; ich habe nur Angst, weil ich in mir nicht die Kraft aufbringe, ihnen zu verzeihen, obwohl wir selbst Russen sind. Wir wurden in Russland geboren, verbrachten aber unser ganzes Leben hier."

Wo wurden Sie in Russland geboren?

"Ich in Nischnij Nowgorod, und mein Tantchen in Achangelsk. Wir selbst sind Russen, verbringen aber unser ganzes Leben hier. Ich bitte Gott um Vergebung für diese große Sünde, dass ich verzeihen soll, aber ich kann es nicht. Am ersten Tag des Krieges, als sie Nikolajew bombardierten, und noch nicht klar war, wie es weitergeht. Als das Telefon funktionierte, rief mich meine Tochter aus ihrer Wohnung an und sagte: "Mama, sie bombardieren, ich kann das Haus mit den Kindern nicht verlassen": Ich frage: Habt ihr zu essen und zu trinken?" Sie antwortete: "Ich lasse die Kinder nicht allein. Entweder wir gehen alle drei oder wir bleiben. Ich kann die Kinder nicht allein lassen, sollte das Haus beschossen werden. Und die zwei Enkel riefen in den Hörer: "Oma, wir sind Super-Burschen, wir bitten nicht um etwas zu essen."

Die Tochter und die beiden Enkel sind bereits seit einigen Monaten in Schweden in Sicherheit. Die Trennung schmerzt natürlich die Oma sehr.

Wann und wie dieser Krieg enden wird, ist unklar. Klar ist aber, dass die Aussöhnung der einstigen sogenannten Brudervölker Jahrzehnte dauern wird.

Sicher ist auch, dass der Krieg langfristig das Ende der russisch-sprachigen Bevölkerung im Osten und Süden der Ukraine mit sich bringen wird; denn von russischen Geschoßen getroffen werden wird vor allem die Bevölkerung, die Vladimir Putin angeblich schützen wollte.

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