Kriegsfolgen in Ukraine und die Invalidität
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ukraine
Insert1: Filip Matkovski, Orthopäde der Firma Tellus in Odessa
Insert2: Filip Matkovski, Orthopäde der Firma Tellus in Odessa
Insert3: Igor Iltschinka, Firma Esper Bionics in Kiew
Insert4: Igor Iltschinka, Firma Esper Bionics in Kiew
Insert5: Natalia Kuschnerska, Projektmanagerin von „Brave1“
Insert6: Natalia Kuschnerska, Projektmanagerin von „Brave1“
Gesamtlänge: 4‘23
Artilleriegranaten reißen durch die enorme Wucht und die große Hitze ihrer Splitter furchtbare Wunden; oft bleibt nur die Amputation, die den Soldaten zum lebenslangen Invaliden macht. Seriöse Angaben über Gefallene und Verwundeten veröffentlicht auch Kiew nicht. Prothesen-Hersteller sprechen jedenfalls von einer starken Nachfrage, die weit größer sei als das Angebot. Im Falle eines Soldaten bezahlt der Staat bis zu umgerechnet 20000 Euro für eine Prothese, doch:
7'14'1 - Kosten der Prothese - 7'39'9
"Es gibt auch Prothesen um ungerechnet 25.000 Euro. Einen Teil dieser Kosten tragen dann Spender oder Wohltätigkeitsorganisationen: Die Preise schwanken, weil jede Prothese individuell auf den Patienten abgestimmt ist."
Doch es ist mehr als fraglich, ob Zahl und Finanzkraft von Spendern ausreichen, die Summen zu decken, die über die Standardmodelle hinausgehen. Dem tragen auch die Hersteller Rechnung:
8'02'2 - Anpassung an das Geld des Staates - 8'18'5
"Die überwiegende Mehrheit der Prothesen werden entsprechend der Summe gebaut, die der Staat bezahlt. Gibt es besondere Zusätze, dann besteht die Möglichkeit, dass der Invalide Sponsoren findet, die die Zusatzkosten tragen."
Hochtechnologie hat der Krieg auch auf dem Sektor Prothesen hervorgebracht. Diese Hand ist eine Eigenentwicklung einer Ukrainisch-Amerikanischen Firma; bei der Bedienung der Prothese wird auch eine Applikation am Mobiltelefon genutzt:
5'26'6 - Funktionen der Hand - 6'30'4
"Wir haben verschiedene Bedienungsformen, je nach dem, was wir wollen, etwa ein Glas in die Hand nehmen oder die Hand heben. Wir haben drei Systeme, je nach der Art der Amputation, mit kurzen und langen Signalen. Da hat der Nutzer die Wahl. Denn jede Amputation ist individuell."
Nach Angaben der Firma kostet die Hand 7000 Dollar und soll damit klar billiger sein als in der EU:
2'49'6 - Warum so viel billiger -3'16'6
"Ein Grund dafür ist, dass wir nur in der Ukraine produzieren; zweitens sind wir uns der sozialen Lage im Land bewusst. Leider hat die Ukraine kein System der Sozialversicherung, die es einem gestattet, eine Prothese seiner Wahl zu kaufen."
Derzeit werden zehn Stück pro Monat hergestellt; in einigen Jahren sollen es 200 sein.
Bei der Suche nach Geldgebern und Kontakten hilft auch dieser Firma die quasistaatliche Organisation „Brave1“; für sie zählen nicht nur Rüstungsbetriebe im engeren Sinne zu den strategisch wichtigen Firmen:
20'45'2 - Nicht nur Drohnen - 21'39'9
"Unsere Aufgabe besteht nicht nur darin, mit Firmen zusammenzuarbeiten, die im Bereich Drohnen oder Cyber-Sicherheit tätig sind. Unsere Aufgabe besteht darin, alles, was mit Verteidigungs-Technologie zu tun hat, an einem Ort zu vereinen. Unsere Bereiche umfassen Firmen, die sich mit der Ausbildung an Simulatoren befassen, Plattformen, die psychologische Untersuchungen durchführen, Lösungen für die Automatisierung von Artillerie und so weiter. Dabei kann ich über gewisse Bereiche derzeit nicht sprechen, sondern erst nach unserem Sieg."
Und was heißt das konkret?
11'06'1 - Wozu Brave 1 - 12'24'6
"Wir helfen jungen Teams, die auf dem Sektor der Verteidigungstechnologie arbeiten und unseren Streitkräften effiziente Lösungen liefern können. Hilfe heißt dabei, den Betrieb aufzubauen, und zwar schnell. Da geht es um Antworten auf Anfragen, um die Produktpräsentation, darum wie man Dokumente bearbeitet und mit dem Verteidigungsministerium zusammenarbeitet bis hin zu Frage, wo man Drei-D-Drucker bekommen kann. In all diesen Fällen sind wir der Ansprechpartner."
Der russische Großangriff hat somit auch in der ukrainischen Zivilgesellschaft enorme Energien freigesetzt, die dem Land beim Überlebenskampf helfen. Trotzdem werden die langfristigen Folgen des Krieges, die Ukraine noch viele Jahre prägen; dazu zählt auch die Invalidität vieler Soldaten, die ihr weiteres Leben auf staatliche Unterstützung angewiesen sein werden.