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Reportage aus Tschasiv Jar bei Bachmut

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MiJ Tschasiv Jar
Berichte Ukraine

… Laut war es in Tschasiv Jar bereits bei meinem Besuch vor zwei Monaten, doch nun hat sich die Lage in der Stadt hörbar und sichtbar verschlechtert. Der Geschützdonner ukrainischer Artillerie und russisches Gegenfeuer sind viel öfter zu hören, während die Zerstörungen immer größer werden. Im Zentrum ist kaum mehr ein Haus zu sehen, dessen Fenster heil sind; kein Wunder, dass die Einwohnerzahl auf wenige hundert gesunken sein soll. Die Post hat ihr Büro geschlossen, und nur mehr Briefträger bringen Pensionisten ihre Rente zwei Mal pro Woche. Geschlossen hat auch die Ausgabestelle für Brot beim Kulturhaus – zu massiv ist der Beschuss. Geöffnet haben noch zwei Greißler; einer liegt an der Hauptstraße und wird von Soldaten stark genutzt; sie haben eine Star-Link-Verbindung installiert, daher kann man auch bargeldlos bezahlen. Auf der Straße trifft man kaum Menschen; zum Gespräch bereit Marina; ihre eigene Wohnung ist bereits ausgebombt; nun lebt sie mit weiteren zwei Frauen in einer Wohnung, die die Besitzerin verlassen hat:

01'0 - Leben in der Gefahr - 35'2
"Praktisch auf der anderen Straßenseite stehen die Panzer, die die ganze Nacht schießen. In der Früh waren sie weg, kamen aber dann wieder zurück und schossen wieder. In unserer Straße sind bereit einige Häuser ausgebrannt. Ich sage nur: Gebe Gotte, dass ich in der Früh aufwache! Dann danke ich ihm, dass ich noch lebe, und so geht es jeden Tag."

Marina ist auf dem Weg zum eigentlichen Treffpunkt der Stadt, dem sogenannten „Punkt der Unbeugsamkeit“; dort gibt es Trinkwasser und Strom, um sein Handy aufladen zu können, obwohl Mobilfunknetze mehr schlecht als recht funktionieren; Etwa 15 Frauen bevölkern den Raum, nur ein, zwei Männer sind zu sehen. Die meisten sind Pensionisten wie die 86-jährige Lida und die 73-jährige Valja. Warum bleibt ihr in Tschasiv Jar?

2'46'7 - Warum seid ihr geblieben? - 2'59'2
"Wer braucht uns denn mit unseren Groscherln? Niemand braucht uns. Woanders müssen wir für die Wohnung und für Betriebskosten bezahlen und auch für das Essen."

Allgegenwärtig ist der Wunsch nach Frieden gepaart mit der Hoffnung, dass Tschasiv Jar das Schicksal von Bachmut erspart bleiben möge, das zehn Monate Häuserkampf und Beschuss völlig zerstört haben.

 

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