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Interview Olga Stefanischina Ministerin für EU

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Berichte Ukraine


Die EU setzt heute ein weiteres Zeichen der Solidarität mit der Ukraine; so sind derzeit acht Ministerinnen aus EU-Mitgliedsstaaten in Kiew, die in ihren Ländern für EU-Fragen zuständig sind; Österreich ist durch Caroline Edstadler vertreten. Auf dem Programm stehen Treffen mit der stellvertretenden Regierungschefin Olga Stefanischina, die für die EU-Integration der Ukraine zuständig ist, der Besuch einer Sozialeinrichtung für Binnenflüchtlinge, Gespräche mit weiblichen Abgeordneten sowie mit der Frau des ukrainischen Präsidenten. Mit Olga Stefanischina in Kiew hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz über die EU-Annäherung der Ukraine gesprochen; hier sein Bericht

Mehr als 30 Jahre waren die Tore der EU für die Ukraine fest verschlossen; sie war das einzige europäische Land, das keine Beitrittsperspektive hatte, aber gerne Mitglied der EU geworden wäre. Der russische Angriff am 24. Februar 2022 änderte diese Lage, und nun ist die Ukraine Beitrittskandidat. Doch das ist eher ein Titel noch ohne konkrete Mittel; darüber hinaus hat die EU aber handfeste Schritte gesetzt, erläutert in Kiew EU-Ministerin Olga Stefanischina:

3'06'8 - EU Hilfe für Ukraine seit Kriegsbeginn - 4'08'8
"In der ersten Woche des Krieges wurden wir Teil des Energiemarktes der EU; das war eine politische Entscheidung, auf die wir 10 Jahre gewartet haben. Außerdem hat die EU alle Tarife und Zölle ausgesetzt, damit unserer Firmen keine Barrieren mehr beim Export ihrer Produkte hatten. Das wurde auch deshalb möglich, weil bei uns bereits sechs Jahre die Freihandelszone mit der EU funktionierte, und die Ukraine ein vertrauenswürdiger und überprüfter Partner ist. Außerdem wurden wegen der Blockade der Häfen sogenannte grüne Korridore der Solidarität geschaffen und die Vereinbarung über Transportliberalisierung wurde abgeschlossen; vor dem Krieg war das unmöglich, doch unsere Logistiksysteme waren darauf vorbereitet."

Zwar gibt es nach wie vor viele Staus an den Grenzübergängen zu EU-Staaten wie der Slowakei, doch die Beschleunigung des LKW-Verkehrs hat etwa dazu geführt, dass es derzeit in der Ukraine keine Engpässe bei der Versorgung mit Benzin und Diesel gibt. Die Aussetzung der Handelshemmnisse für Betriebe aus der Ukraine hatte aber eine auf den ersten Blick überraschende Konsequenz, die Olga Stefanischina so beschreibt:

5'32'2 - Paradox EXPORT IN EU - 6'18'5
"Es klingt natürlich paradox, doch der Export in die EU hat im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent zugenommen, und zwar von 39 auf 54 Prozent. Möglich war das durch den Rettungsanker, den die EU für unsere Betrieben auswarf; sie konnten ihre Produktion auf Export umorientieren, Arbeitsplätze sichern, unter den Bedingungen des Krieges überleben und so auch Steuern in das Budget abführen."

Nach Darstellung der 37-jährigen, zierlich wirkenden Ministerin hat die Ukraine 70 Prozent der Vorschriften des Assoziierungs- und Freihandelsabkommens mit der EU umgesetzt. Bis zu Kriegsbeginn flossen aus Brüssel seit dem Jahre 2014 17 Milliarden Euro nach Kiew, vor allem zur Modernisierung des Landes. Nun hat die EU auch drei Milliarden für Militärhilfe bereitgestellt, und EU-Staaten haben damit begonnen 15.000 ukrainische Soldaten auszubilden. Auf etwa 38 Milliarden wird der Finanzbedarf der Ukraine für das kommende Jahr geschätzt, wobei die Hilfe für den Wiederaufbau nicht darin enthalten ist. Zur EU-Finanzhilfe sagt Olga Stefanischina:

14'42'6 - EU und Geld vor und im Krieg - 15'52'7
"Der Unterscheid besteht darin, dass das Geld, das wir vor dem 24. Februar bekommen haben, dazu diente, bestimmte Reformen zu stimulieren wie zum Beispiel die Entwicklung der Marktwirtschaft, der Herrschaft des Rechts, der Reform der Staatsverwaltung; das alles waren Mittel für die Entwicklung des Staates. Heute geht es um ein Budget für das Überleben, weil wir das Geld dazu brauchen, die Aufgaben des Staates zu gewährleisten, die mit Sozialleistungen, Pensionszahlungen und dem Gesundheitswesen verbunden sind. Hinzu kommt die Erneuerung von Heizkraftwerken, weil Russland seit Wochen die kritische Infrastruktur beschießt. Da brauchen wir nicht nur Finanzhilfe, sondern auch die technische Ausstattung, und das sind enorme Gelder, die dem Überleben dienen."

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