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Bub aus Mariupol in Kärnten

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Berichte Ukraine
Zu den hässlichen Seiten des Krieges in der Ukraine zählt die Entwurzelung von Familien aber auch von Waisen, die aus Kriegsgebieten von russischen Besatzern nicht nur in Sicherheit gebracht, sondern in mehreren Fällen auch zur Adoption freigegeben wurden. Daher wirft Kiew Moskau vor, diese Kinder ihre ukrainische Identität rauben zu wollen, eine Vorgangsweise, die humanitäres Völkerrecht ausdrücklich verbietet. In wenigen Fällen ist es aber gelungen, Kinder aus russisch besetzten Kriegsgebieten zu ihren Verwandten zurückzubringen. Das tragische Schicksal eines Buben zeigt unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz auf; der zehnjährige Ilja war jüngst auch 10 Tage in Kärnten, um den Krieg für einige Zeit hinter sich lassen zu können:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ukraine
Kamera: Nenad Dilparic und Ican Klaric
Schnitt Mica Vasiljevic

Insert1: Ilja, zehnjähriger Bub aus Mariupol

Insert2: Olena Matwienko, Iljas Großmutter

Insert3: Ilja, zehnjähriger Bub aus Mariupol

Insert4: Ilja, zehnjähriger Bub aus Mariupol

Insert5: Violeta Suchanowa, Frauenvereinigung der Ukraine

Insert6: Georg Unterfurtner, Kiwanis-Klubs Österreich

Gesamtlänge: 3‘30
Mariupol ist wohl die Stadt, die unter dem Krieg bisher am stärksten gelitten hat. Die Ruinen sind stumme Zeugen des menschlichen Leids, das nur in Einzelfällen konkret fassbar wird. Daran erinnert das Foto dieses schlichten Grabes, das vor Ort nicht mehr auffindbar ist. Begraben war hier die Mutter des zehnjährigen Ilja, mit dem ich mich in Kiew bei einem Würfelspiel anfreunde. Zwischen dem Kriegsbeginn am 24. Februar und dem Todestag der Mutter am 21. März fanden die beiden an unterschiedlichen Orten in Mariupol Zuflucht:

Ilja Interview 2'02' Irrung und Verletzung - 3'06'3
"Wir wollten wieder einmal zu Hause nach dem Rechten sehen, doch unsere Straße war bereits umkämpft, und unser Haus war schon fast völlig zerstört. In der Nähe fanden wir ein leeres Haus, wo wir fünf Tage lebten; am fünften Tag besuchten wir in der Früh die Nachbarin; sie lud uns für den Abend ein; als wir auf dem Weg zu ihr waren, gab es im Nachbarhaus eine Explosion durch Beschuss. Mich trafen Splitter an beiden Oberschenkeln. Die Nachbarin gab mir Tabletten und versuchte mich zu verbinden."

Getroffen wurde auch die Mutter, die an ihren Verletzungen starb. Der Bub kam erst in Donezk in ein Krankenhaus. Dorthin hatten russische Truppen Ilja evakuiert; über sein Schicksal machte ein Donezker TV-Sender einen Bericht. Ihn sah ein in Wien lebender Verwandter, der die Großmutter des Buben verständigte, die in Uschgorod in der Westukraine lebt. Sie setzte alle Hebel in Bewegung, um ihren Enkel zu sich nehmen zu können:

Baba 8‘48‘3 - 9'11'4 - Wie nach Donezk und dann nach Kiew - 9'37'1
"Erst als sich das Amt des Staatspräsidenten einschaltete, kam Bewegung in die Sache. Da half uns Ministerin Irina Verestschuk; wir waren die ersten, die durchkamen, bei denen eine Vereinbarung zustande kam.
Wir waren eine Woche nach Donezk unterwegs, wobei wir vier Grenzen passieren mussten. Nach Hause waren wir nur etwas mehr als 24 Stunden unterwegs, und am 26. April in der Früh waren wir bereits hier in Kiew. So schwer war es durchzukommen, do so leicht war die Rückkehr."

Die Reiseroute beschreibt ihr Enkel:
Ilija Interview 5'54,0 - Reiseroute Ausreise - 6'14'5
"Wir fuhren nach Rostow und von der nach Moskau; von Moskau flogen wir in die Türkei, von dort weiter nach Polen; dann fuhren wir mit dem Zug nach Kiew und dann weiter in dieses Krankenhaus und nach der Behandlung nach Hause."

Körperlich ist Ilja weitgehend wiederhergestellt, obwohl Narben blieben. Viel schlimmer dürften die seelischen Narben sein. Um diese Traumata zu lindern, fuhren er und weitere 25 Kinder, ihre Mütter und Ärzte jüngst von Kiew nach Klagenfurt. Viele Kinder sind Krebspatienten, die sich in friedlicher Umgebung erholen sollen. Dazu zählten der Wörthersee, Wanderungen in der Umgebung von Klagenfurt sowie ein Besuch in Minimundus, eine Sehenswürdigkeit, die es in der Ukraine nicht gibt. Beeindruckt war auch Ilja, dem der gesamte Aufenthalt gefallen hat:

1'45'5 - Gesamteindruck - 1'57'5
"Sehr gut, Essen und Unterkunft sind ok."

Zu den Organisatorinnen zählt die Frauenvereinigung der Ukraine; sie hat in Zusammenarbeit mit dem Burgenland bereits mehr als 200 Kinder und Frauen zur Erholung und Rehabilitation nach Österreich gebracht:

Suchanowa Klagenfurt 15'3 - Dank an Kärnten Unterschied zur Ukraine - 1'11'5
"Unsere Gruppe hat das wunderbare Kärnten und die zauberhafte Stadt Klagenfurt besichtigt. Wir sind einfach glücklich, weil in der Ukraine derzeit durch den Beschuss die Hölle ist. Dank der Organisation Kiwanis sind unsere Kinder derzeit wirklich in Sicherheit. Gekommen sind wir, um psychologische Hilfe zu bekommen, doch tatsächlich hat Kiwanis 50 Kinder und Frauen das Leben gerettet."

Finanziert haben den Aufenthalt in Kärnten die Kiwanis-Klubs in Österreich; das Projekt ist Teil der Ukraine-Hilfe, die auch diese Vereinigung seit Kriegsbeginn durchführt:
2'07 - Kiwanis Gesamthilfe - 2'37'1
"Wir wollen Kinder unterstützen .... ins Land geschickt."

Zu den Höhepunkten des Kärnten-Aufenthalts zählt der Auftritt der Roten Nasen. Vor Kriegsbeginn traten sie mehrmals auch in der Ukraine auf; wann derartige Besuche wieder möglich sein werden, steht in den Sternen, denn ein Kriegsende ist derzeit nicht in Sicht.

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