× Logo Mobil

Ukrainerin und die Rückkehr nach Hause

Fernsehen
Vorarlberg Heute ZiB2
Berichte Ukraine
Der Krieg in der Ukraine hat in Europa die größte Fluchtbewegung seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ausgelöst; sogar mehr Menschen mussten Heim und Herd verlassen als während der Zerfallskriege im ehemaligen Jugoslawien vor 30 Jahren. Nach Österreich geflohen sind etwa 70.000 Ukrainer und Ukrainerinnen. Dazu zählen Marina und ihre vierjährige Tochter Arina, die in Klaus eine Unterkunft fanden. Nach vier Monaten sind die beiden zum ersten Mal wieder in die Ukraine zurückgekehrt; in ihrem Wohnort nördlich von Kiew hat sie unser Korrespondent Christian Wehrschütz besucht:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ukraine

Insert1: Alexander und Marina, Bewohner eines Vorortes von Kiew

Insert2: Alexander, Bauarbeiter und Arinas Vater

Insert3: Marina, Alexanders Ehefrau

Insert4: Marina, Alexanders Ehefrau

Insert5: Alexander, Bauarbeiter und Arinas Vater

Gesamtlänge: 4’31 (3’55)

In den ersten Wochen nach Kriegsbeginn waren vor allem die Vororte von Kiew heftig umkämpft. Dabei wurden auch viele zivile Gebäude zerstört wie hier im Zentrum von Borodjanka, 30 Kilometer nördlich von Kiew. Quasi nebenan liegt der Ort Stojanka-2, wo ebenfalls Spuren von russischem Artilleriebeschuss zu sehen sind. In diesem Stockwerk zählen Alexander und Marina zu den wenigen verbliebenen Bewohnern. Die sichtbaren Schäden sind Spuren plündernder russischer Soldaten, erläutern die beiden:

20220810_Sasa_Marina_u_hodniku_Irpin_Kiew

1'43'6 - Plünderer - 2'26'4
"Sie haben unsere persönlichen Sachen gestohlen, Haustechnick, Frauenkleider und Parfum. "
„Gestohlen haben sie auch unseren Fernseher und den Mikrowellenherd; der Computer wurde beschädigt. Alles war auf den Kopf gestellt, ein einziges Durcheinander."

Das Ehepaar lebt mit der vierjährigen Tochter Arina in dieser Mietwohnung. Alexander ist 31, ein Jahr jünger als Marina, aber ebenfalls Lehrer. Aber ebenso wie Marina, die für eine österreichische Firma arbeitet, übt Alexander seinen erlernten Beruf nicht aus, sondern ist Bauarbeiter. Da gibt es doch jetzt genug zu tun in der Ukraine?

Alexander 2'06'2 - Viel Arbeit aber kein Geld - 2'36'4
"Arbeit gibt es sehr viel, doch die Menschen haben kein Geld. Die Kosten für Baumaterial sind stark gestiegen, daher ist es schwierig."

Wehrfähige Männer dürfen nicht aus der Ukraine ausreisen. Das hat Alexander auch nicht vor, jedenfalls nicht auf Dauer:

17'15'1 - Bleiben und Gastarbeiter? - 18'3
"Ich liebe die Ukraine, und ich will auf jeden Fall bleiben, außer die Russen kommen. Marina hat mir erzählt, wie schön es in Österreich ist, und Fotos gezeigt. Ich würde nach Österreich kommen, um als Gastarbeiter etwas Geld zu verdienen. Doch ich hoffe, dass der Krieg endet, und wir alle in der Ukraine werden leben können, wenn alles gut ausgeht."

Marina wird wieder nach Vorarlberg mit ihrer Tochter zurückkehren, wo derzeit ihre Mutter lebt. Die junge Frau will ihren Deutschkurs fertig machen; derzeit lernt sie online, um mit der Sprache in Kontakt zu bleiben. Wo sieht sie die Zukunft der Familie:

Marina: 11'32'4 - Nach Hause - 12'19'2
"Österreich, Vorarlberg und Klaus sind schön und die Menschen sind sehr hilfsbereit. Doch daheim ist daheim; unsere Tochter hat hier ihre Spielkameraden und hängt sehr an ihrem Vater, der aber nicht ausreisen darf; hier sind meine Großeltern und alle Verwandte, die man nicht nach Österreich bringen kann. Hinzu kommt: die Ukraine ist unsere Heimat."

Die Säcke im Wohnzimmer sind daher nicht die gepackten Sachen für eine Ausreise, sondern dafür, im Falle es neuerlichen Angriffs nicht mehr packen zu müssen. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, daher verhalf Alexander Frau und Tochter auch zur Flucht; die erste Nacht nach Kriegsbeginn brachten sie in diesem Keller ihres Hauses zu.

Die Pläne der Familie waren ganz auf die Ukraine ausgerichtet. In diesem Rohbau sollte auch die neue Zwei-Zimmer-Wohnung der Familie nun fast fertig sein. Doch wegen des Krieges mussten die Arbeiten eingestellt werden. Für die 56 Quadratmeter hat das Paar bereits etwa 15.000 Dollar angezahlt, das entspricht 40 Prozent des gesamten Preises:

Marina 46'2 - Finanzierung der Wohnung - 56'9
"Wir haben unser Auto verkauft, und dann auch noch aus anderen Quellen Geld aufgebracht, und so haben wir mit all unseren Kräften die Summe finanziert."

Die vielen Baustellen zeigen, dass dieser Vorort von Kiew vor dem Krieg ein beliebtes Wohngebiet war. Frische Luft und grüne Umgebung zogen Familien mit Kindern an:

51'9 - Donezk und Lugansk - 1'08'4
"Ich habe viele Bekannte, die aus Donezk und Lugansk schon 2014 geflohen sind. Sie wollten hier Wohnungen kaufen, weil sie dachten, dass die Russen nicht hierherkommen würden. Doch dann kamen sie sogar hierher."

Das zeigen Relikte des Krieges wie dieser Schützenpanzerwagen. Die meisten unmittelbaren Spuren sind hier beseitigt; doch den Krieg hat die Ukraine noch lange nicht überstanden; daher gibt es keine Gewissheit, dass Arina und ihre Familie hier wirklich werden in Frieden und Sicherheit leben können.

Facebook Facebook