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Krieg und Militärmedizin

Fernsehen
ORFIII
Berichte Ukraine

Der Krieg in der Ukraine bedeutet auch eine große Herausforderung für das Gesundheitswesen in der Ukraine, und zwar militärisch als auch zivil. Einerseits verschon der Krieg natürlich auch keine Zivilpersonen, vom Kleinkind bis zum Greis; andererseits dienen zivile Spitäler auch zur Unterstützung des Militärs, dessen Verwundeten-Versorgung in drei Ebenen aufgebaut ist; unmittelbar an der Front leistet der Sanitäter die Erstversorgung; dahinter liegen dann mobile Militärspitäler, die auf dem Gebiet ziviler Krankenhäuser untergebracht sind; dort werden etwa Operationen und Amputationen durchgeführt; die höchste Ebene bilden dann spezielle Militärkrankenhäuser etwa in der Stadt Dnipro. Über Folgen und Herausforderungen dieses Krieges für Ärzte und Chirurgen hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz mit dem Chefchirurgen der ukrainischen Streitkräfte in der Stadt Druschkowka in der Nähe der Frontlinie gesprochen:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ukraine

Inserts: Kostjantin Gumenjuk, Chefchirurg der ukrainischen Streitkräfte

Gesamtlänge: 3’10

Artilleriebeschuss sowie der Einsatz von Raketen sind das prägende Element des Krieges in der Ukraine. Hinzu kommt der Einsatz von Drohnen, die nicht nur aufklären oder die Artillerie leiten, sondern auch selbst als Kampfdrohnen eingesetzt werden. Die Dominanz dieser Waffen spiegelt die Verwundungen der Soldaten wider:

 

5'44'8 - Art der Verletzungen - 6'16'5

"Die Mehrheit hat Verletzungen durch Granatsplitter und Schrapnells. Das betrifft alle Körperteile; den Kopf, den Bauch, Arme und Beine. In den Jahren 2014 und 2015 war die Zahl dieser Verwundeten nicht bedeutsam. Da gab es viele Verletzte durch Scharfschützen und Schusswaffen; doch das ist jetzt ein vollumfänglicher Krieg, bei dem alle modernen Waffen eingesetzt werden; und da haben wir außerordentlich schwere und komplizierte Verletzungen."

Und wie ist das Verhältnis zwischen Verwundungen durch Granatsplitter und durch Schusswaffen?

6'45'4 - Prozente Verletzungen - 7'02'7

"Mehr als 80 Prozent der Verwundungen entfallen auf Granatsplitter und Schrapnells. Schussverletzungen machen nur etwa 20 Prozent aus. Das ist sehr bedauerlich, denn in den Jahren 2014 und 2015 war es umgekehrt; da hatten wir mehr Schussverletzungen."

Die Folgen dieser Kriegsführung reichen weit über das Schlachtfeld hinaus:

 

7'49'1 - Invalidität und Rehabilitation - 8'36'2

"Die Zahl der Verwundeten, die eine Prothese brauchen, ist sehr hoch. Das betrifft nicht nur Arme und Beine, sondern auch die Augen. In der Ukraine gibt es Zentren für die Rehabilitation; ohne Zweifel nähern sie sich den modernen Standards an, was die Qualität der Prothesen betrifft. Wir haben auch viele internationale Partner, die uns bei der Rehabilitation helfen; daher hoffen wir, dass wir mit vereinten Kräften unseren Verwundeten gute Rehabilitation und gute Prothesen bieten können; und zwar sowohl in der Ukraine durch Fabriken, die Prothesen herstellen, aber auch in ausländischen Kliniken, die uns bei der Rehabilitation helfen."

Schussverletzungen gibt es natürlich nach wie vor, etwa beim Hinterhalt oder beim Aufeinandertreffen von Spähtrupps; in diesem Fall spielte die Drohne die entscheidende Rolle zugunsten der russischen Soldaten. Doch auf jeden Fall gilt, dass die Überlebenschancen umso höher sind, je rascher der Soldaten ins Spital kommt; auch in diesem Fall spricht man von einer goldenen Stunde:

3'31'7 - Was heißt goldene Stunde genau - 3'57'1

"Am Schlachtfeld stillt der Sanitäter die Blutung oder bindet die Vene oder Arterie ab. Dann wird der Verwundete so rasch wie möglich zum Militärchirurgen gebracht. Das ist ein Wettlauf gegen die Zeit, weil diese sogenannte goldene Stunde zeigt, dass je schneller der Soldaten gebracht wird desto geringer ist die Sterblichkeitsrate. Die goldene Stunde entscheidet somit über die Rettung unserer Verwundeten."

Militärische und zivile Chirurgie unterscheiden sich wegen der Art der Verletzungen stark voneinander. In der Ukraine werden daher auch zivile Chirurgen geschult, um Kriegsverletzungen richtig behandeln zu können.

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