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Odessa Infrastruktur und Häfen

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ORFIII
Berichte Ukraine

13 Seehäfen gibt es in der Ukraine; davon sind nun vier in russischer Hand und weitere sechs durch die russische Schwarzmeerflotte blockiert. Für die Ukraine ist das wirtschaftlich eine enorme Belastung; 150 Millionen Tonnen an Waren exportierte das Land im Vorjahr über seine Häfen; ein Drittel davon entfiel auf Getreide, das auch Länder wie Ägypten oder der Jemen importierten. Nun sucht die Führung in Kiew nach allen möglichen alternativen Transportwegen, entfielen doch etwa 40 Prozent der Budgeteinnahmen auf Erlöse aus landwirtschaftlichen Exporten. Eine von der Blockade besonders betroffene Stadt ist die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Odessa

Insert1: Gennadi Truchanow, Bürgermeister von Odessa

Insert2: Konstantin Ilnitzkij, Ehemaliger Herausgeber der Fachzeitschrift "Die Häfen der Ukraine"

Insert3: Konstantin Ilnitzkij, Ehemaliger Herausgeber der Fachzeitschrift "Die Häfen der Ukraine"

Insert4: Alexander Senkewitsch Bürgermeister der Hafenstadt Mikolajew

Gesamtlänge: 4’50

Der Hafen von Odessa ist der wichtigste Container-Hafen der Ukraine, spielt aber auch bei Export von Getreide eine bedeutsame Rolle. Diese Bilder sind Archivaufnahmen; wegen der Militärzensur darf der Stillstand nicht gefilmt werden, der jetzt nicht nur an diesem Hafen herrscht; offen beschreibt der Bürgermeister die schwierige Lage, die durch die russische Seeblockade besteht:

Gennadi Truchanow,, Bürgermeister von Odessa

6'14'3 - Wirtschaftliche Folgen - 7'40'5

"Odessa, das ist nicht nur ein Hafen, sondern ein Hafenkomplex von sieben Häfen auch benachbarter Städte; wir nennen das die Häfen von Großodessa; all sind nun blockiert, und dazu zählen auch Handelsschiffe verschiedener Staaten. In der Ukraine haben sich mehr als 4,5 Millionen Tonnen Getreide angesammelt, die wir nicht exportieren können. Doch bald kommt die nächste Ernte, die wir nirgends lagern können, weil die Silos voll sind. Somit leidet die Wirtschaft und darunter leidet auch die Stadt Odessa, die mit einem Sechstel weniger an Budgeteinnahmen rechnen muss."

Daher nutzt die Ukraine alle Transportmittel, um Getreide und Waren ins Ausland zu exportieren. Diese Bilder stammen vom Grenzgebiet zu Rumänien. Auf 20 Kilometer stehen 1.200 LkWs in zwei Spuren; die Wartezeit bis zur Abfertigung beträgt etwa eine Woche. Hinzu kommen Probleme bei Eisenbahntransporten, weil Trafostationen und Schienen militärische Ziele der Russen sind, um militärischen Nachschub zu erschweren. Eine wirkliche Alternative zu Häfen gibt es somit eigentlich nicht, und da spielen die drei ukrainischen Häfen an der Donau eine wichtige Rolle:

Konstantin Ilnizkij 3'13'4 - Drei Donauhäfen - 4'50'1

"Derzeit arbeiten nur die drei Häfen an der Donau, die nun plötzlich enorme Güterströme bewältigen müssen. Das führt zu zweiwöchigen Wartezeiten für die Beladung von Schiffen. Nach Angaben des Ministeriums für Infrastruktur wurde bisher nur wenig Getreide über die Donau abgefertigt, doch nun bleiben nur diese drei Häfen; von dort werden die Lasten über einen Kanal direkt zum rumänischen Hafen Konstanza transportiert."

Fraglich ist, ob Konstanza ein dauerhafter Ausweichhafen sein kann?

Konstantin Ilnizkij 7'41'3 - Steigerung und Konstanza - 8'54'8

"Im April haben die drei Donauhäfen 450.000 Tonnen Getreide umgeschlagen; das ist für diese Häfen sehr viel. Das Ministerium für Infrastruktur möchte, dass diese Menge auf eine Million Tonnen pro Monat gesteigert wird. Doch der Getreidetransport hat eine jahreszeitliche Komponente. Derzeit schlägt Konstanza mit großer Freude ukrainisches Getreide um, weil es die Kapazitäten dazu hat. Doch in einigen Monaten wird das anders sein, weil dann Getreide aus Ungarn, Serbien und Rumänien exportiert werden muss. Das kann für uns zusätzliche Probleme schaffen."

Die Ukraine war im Vorjahr einer der größten Agrarproduzenten weltweit. Nun sind nicht nur die Transportwege massiv eingeschränkt, sondern Siloanlagen durch Artilleriebeschuss schwer beschädigt und Felder durch Sprengmittel nicht zu bestellen. Davon profitiert Russland in doppelter Hinsicht; einerseits durch steigende Preise sowie als Exporteur, der die Ukraine wirtschaftlich massiv trifft, obwohl er sie militärisch nicht besiegen kann. Stand gehalten hat bisher auch die Hafenstadt Mikolajew, etwa zwei Autostunden nordöstlich von Kiew. Sie wurde durch russischen Beschuss stärker getroffen als Odessa, obwohl natürlich auch der Hafen von Mikolajew durch die Blockade daniederliegt; doch aus russischer Sicht dürften beide Städte noch eine weitere Gemeinsamkeit aufweisen:

Alexander Senkewitsch Bürgermeister der Hafenstadt Mikolajew

5'03'4 - Bedeutung Wirtschaft Mikolajew und Odessa - 5'48'2

"Ich denke nicht, dass, Mikolajew in den Plänen der russischen Besatzer eine besondere strategische Bedeutung hat; das gilt auch für Odessa und andere Städte des Südens. Die Hauptaufgabe, die den russischen Kommandanten für die Besetzung der Südukraine gestellt ist, besteht darin, die Ukraine vom Zugang zum Meer abzuschneiden. Und auch da ist der militärische Aspekt weniger wichtig, weil das Meer durch die russische Flotte und durch Minen blockiert ist. Vielmehr geht es um die Wirtschaft. Denn Mikolajew und die Häfen von Odessa schlagen gemeinsam 85 Prozent aller Exportgüter um. "

Wirtschaftlich ist der Abnützungskrieg somit für die Ukraine verheerend, und diese Folgen werden umso gravierender sein, je länger der Krieg dauert; ein Befund, der jedoch nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Europa insgesamt gilt.

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