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Reportage aus Donezk

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Berichte Ukraine

Kriegsgefahr, Spannung, Truppenaufmarsch, Gipfeltreffen oder die Videokonferenz nun zwischen den Präsidenten der USA und Russland, Jo Biden und Vladimir Putin – all das wirkt so schon abstrakt und steril. Doch Krieg hat massive Folgen für das Leben der betroffenen Menschen gerade auch in der Ostukraine, die darunter leiden, dass eine echte Friedensbereitschaft zwischen den Konfliktparteien nicht besteht. Seit Jahren tobt nun ein schmutziger Stellungskrieg; hinzu kommt die Pandemie, die das Leiden der Bevölkerung noch verschärft hat; denn die Machthaber in Donezk und Lugansk haben unter Hinweis auf COVID die Waffenstillstandslinie weitgehend geschlossen; was das für Folgen für Familien hatte und hat, das hat unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz am Beispiel einer Familie in Donezk aufgezeigt:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ostukraine

Insert1: Anastasija (14) und ihre Oma Natalja (60)

Insert2: Oma Natalja

Insert3: Anastasija, 14-jährige Schülerin in Donezk

Insert4: Majd Farhat, Leiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Donezk

Insert5: Anastasia Chmelnitska, Zentrum für die Enwicklung des Donbass

Insert6: Dmitri Laktionow, Clown im Ziruks von Donezk

Insert7: Dmitri Laktionow, Clown im Ziruks von Donezk

Insert8: Oksana Nikolajewna , Einkaufszentrum Donezk-Citi

Insert9: Oma Natalja

Gesamtlänge: 7’09

Der erste Schnee verleiht Donezk eine vorweihnachtliche und friedliche Atmosphäre. Der Schnee deckt auch fast viele tragische Schicksale zu, die in dieser Stadt im siebenten Kriegswinter anzutreffen sind. Dazu zählt diese Familie, die zwei sechsjährige Kinder sowie die 14-jährige Anastasia und Oma Natalja bilden. Die zwei Kleinkinder wurden in Donezk geboren und stammen aus der zweiten Ehe des Vaters. Anastasia stammt aus erster Ehe und lebte bis zum Sommer des Vorjahres bei ihrer Oma Natalja auf ukrainisch-kontrolliertem Territorium. Doch dann starb der 37-jährige Vater an Corona, und niemand war da, der sich um die Kleinen kümmern wollte. Daher wollten die zwei nach Donezk, doch die Kontrollposten waren wegen Corona geschlossen:

16'09'7 - Zelte von MTSCHS - 16'51'7

Anastasia

"Beim Checkpoint gibt es ein Zelt des Ministeriums für Katastrophenschutz; in den ersten zwei Tagen durfte nur ich dort übernachten, weil ich ein Kind bin. Dann hat man es auch meiner Oma erlaubt, damit ich nicht allein bin."

Oma Natalja

„Da waren etwa 10 Personen; wir konnten es uns nicht leisten, täglich hin und her zu fahren; dazu reichte das Geld nicht."

Das Warten schien kein Ende zu nehmen.

Oma Natalja

8'20'7 - Sohn wird kranke und Checkpoint - 9'14'5

"Einen Monat lebten wir beim Kontrollposten und warteten jeden Tag, ob man uns einreisen lässt. Schließlich verlangte man von uns trotz aller Dokumente sogar einen DNS-Test, um das Verwandtschaftsverhältnis zu beweisen."

Schließlich gelang die Einreise; die Oma fand diese Wohnung, die aber renoviert werden musste. Probleme hatte das ältere Mädchen aber zunächst beim Schulwechsel, weil es in Donezk keinen Unterricht in ukrainischer Sprache mehr gibt und nur mehr auf Russisch unterrichtet wird.

4'32 - Neue Schule und Sprache - 4'41

"In der alten Schule hatten wir kein Russisch von der ersten Klasse an. Das war sehr schwierig; aber jetzt ist es ok."

Die Pandemie hat die Familie bisher gut überstanden. Trotzdem trägt auch Corona zur Spaltung zwischen prorussischen und ukrainisch-kontrollierten Gebieten bei. In Donezk ist nur der russische Impfstoff Sputnik zugelassen, den Kiew nicht anerkennt. Die Pandemie hat sich deutlich auf das Leben in den Gebieten von Donezk und Lugansk ausgewirkt. Einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen das Virus leisten ausländische Hilfsorganisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz:

Majd Farhat 3'09'3 - COVID-Hilfe IKRK - 3'48'6

"Wir haben Ausrüstung geliefert, um das medizinische Personal in den Krankenhäusern zu schütz, wir haben Medikamente und mehr als 180 Saustoff-Konzentratoren geliefert, die sehr wichtig für die Behandlung von Patienten sind, die schwer erkrankt sind und wir werden bald auch Kühlschränke für die Lagerung von Impfstoffen liefern."

Hilfe leiste auch diese NGO, die für andere internationale Hilfsorganisation Projekte umsetzt:

2'44'2 - Actemra und Kosten und Zugang - 3'21'6

"Auf ukrainisch-kontrollierter Seite gibt es das Medikament Actemra, das sehr gut wirkt. Sein Preis schwankt zwischen 600 und 1.200 Euro; hier gibt es dieses Medikament nicht. Die Preise für Medikamente sind gestiegen und hier für viele nicht erschwinglich. Somit sagen Leute "Heute habe ich ein Medikament, morgen nicht und ich werden sterben."

Je größer die Krise, desto wichtiger sind Stunden der Entspannung; sie bietet etwa das Opernhaus, indem die Hygiene-Vorschriften für die Bekämpfung von Corona ebenfalls sichtbar sind. Gute Karten kosten acht Euro. Beliebt ist auch der Zirkus der Stadt, der an Wochenenden nun wieder geöffnet ist:

Dmitri Laktionow 5'15 - Bedeutung von Corina - 3'21'6

"Der Corona-Virus hatte sehr großen Einfluss, weil so viele Veranstaltungen abgesagt wurden, und bei der ersten und zweiten Welle konnten wir überhaupt nicht arbeiten. Jetzt kann man so einigermaßen arbeiten und zwar unter Benutzung von Masken und all diesen Maßnahmen zur Desinfektion. Zum Glück habe ich noch ein zweites Standbein durch die Organisation von Feiertagen wie Geburtstagen als es beim Zirkus die Probleme gab, um leben zu können."

Die Vorstellungen dauern jeweils etwa zwei Stunden und sind stets gut besucht. Zu den Artisten zählt auch dieser Clown; er ist 18 Jahre alt und seit seinem siebenten Lebensjahr beim Zirkus; die Bedeutung der Vorstellung für die Bevölkerung bewertet er so:

Dmitri Laktionow 4'02'8 - Entspannung für die Menschen - 4'37'5

„Nicht nur der Zirkus und das Theater, sondern alle Kulturveranstaltungen sind enorm wichtig. Die Menschen brauche diese zwei, drei Stunden, um sich abzulenken von all den schlimmen Dingen. Von den finanziellen Problemen, die das Corona-Virus verstärkt hat, weil viele Menschen ihren Job verloren haben. Für die Seele braucht man Entspannung, weil es im täglichen Leben so viele Probleme gibt."

Entspannung bietet auch das schönste Einkaufszentrum der Stadt; es erinnert daran, wie wohlhabend Donezk vor dem Krieg gewesen ist. Die Geschäftsführung nimmt ebenfalls auf die schwierige Lage Rücksicht, in der viele Kinder seit Jahren leben müssen:

Oksana Nikolajewna 7'54 - Kinderprogramme - 8'27'8

"Für viele Kinder gibt es Sonderaktionen beim Besuch des Freizeitzentrums; dazu zählen Kinovorstellungen und andere Attraktionen, die gratis sind, sowie Ermäßigungen für das Eislaufen. Wir machen das alles, weil natürlich die Kaufkraft der Bevölkerung geringer ist als vor dem Krieg."

Die Waren werden praktisch alle aus Russland importiert. Wegen der internationalen Sanktionen fehlen weltbekannte Marken weitgehend, die vor dem Krieg hier stark präsent waren. Für kleine Geschäfte und Kiosks liegt der Mietpreis pro Quadratmeter zwischen 80 Cent und drei Euro. Diese Waren sind für unsere Familie unerschwinglich.

Mit der Beihilfe für die drei Kinder und Omas ukrainischer Pension liegt das Monatsbudget bei umgerechnet 750 Euro; das ist für lokale Verhältnisse viel. Die Miete beträgt 50 Euro; doch Natalja ist seit einem Unfall gehbehindert und der Bub hat Sprachstörungen:

Natajla 22'58'1 Behindert - Geld geht drauf - 23'15'5

"Im Grunde bleibt uns am Ende des Monats nichts übrig. Die Kinder besuche Kurs für ihre Entwicklung, doch wir müssen immer fahren, weil ich nicht zu Fuß gehen kann; darin liegt das Problem.

Vorweihnachtliche Gaben bringt die Mitarbeiterin einer lokalen Hilfsorganisation. 30 Euro kosteten die Geschenke, die ein privater Spender aufgebracht hat. Das ist viel Geld für diese Familie, die von einem Krieg betroffen ist, den erste die jüngsten Spannungen Europa wieder in Erinnerung gerufen haben.

Ob Donezk einigermaßen friedliche Feiertage bevorstehen ist offen. Im besten Hotel der Stadt wurden jedenfalls bereits wie jedes Jahr die Vorbereitungen für Weihnachten getroffen. Allein das Schmücken des Baumes dauerte einen Tag. Der Wunsch nach Frieden ist groß, und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

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