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UNO Bericht zu Menschenrechten in Ostukraine

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Berichte Ukraine

Es ist ein schon beinahe vergessener Krieg, der nun seit mehr als sieben Jahren in der Ostukraine tobt. Mehr als 13.000 Tote hat der Krieg bisher gefordert, doch zu den Opfern zählen auch viele Personen, deren Menschenrechte sowohl die ukrainische  als auch die prorussische Seite verletzt haben. Ein Bericht dazu hat gestern in Kiew das Büro des UNO-Hochkommissars für Menschenrechte vorgelegt. Demnach wurden von April 2014 bis April 2021 bis zu 8.700 Personen in Haft genommen, die Hälfte davon willkürlich. Hinzu kommen Folter und Mißhandlungen dieser Personen. In Kiew bei der Präsentation des UNO-Dokuments dabei war unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz, der den folgenden Bericht gestaltet hat:

Der Krieg in der Ostukraine dauert zwar bereits sieben Jahre, doch seine Natur hat sich drastisch gewandelt. War es in den Jahren 2014 und 2015 noch ein Bewegungskrieg, so wurde der Konflikt danach immer mehr zum Stellungskrieg an der 450 Kilometer langen Frontlinie. Das wirkte sich auf die Verletzungen der Menschenrechte aus;  so schätzt, die UNO, dass 60 Prozent davon in den ersten beiden Kriegsjahren erfolgten, aber auch weiter andauern. So heißt es in dem Bericht, dass seit Kriegsbeginn etwa 4.000 Verhaftete Opfer von Folter und Mißhandlungen wurden, darunter auch 600 Frauen, bei denen es natürlich auch öfter zum sexuellen Mißbrauch kam. Von den 4000 Fällen entfallen 1.500 auf das von der Ukraine kontrollierte Gebiet; die klare Mehrheit betrifft somit die prorussischen Territorien von Donezk und Lugansk;  dort sei die Lage weiterhin deutlich schlechter, betont Matilda Bogner von der UNO in Kiew.

„In diesen Gebieten sind wir besonders besorgt, weil willkürliche Haft, Folter und Mißhandlungen als systematisch erscheinen. Niemand wird dafür zur Verantwortung gezogen, und das Risiko ist groß, dass diese Menschenrechtsverletzungen andauern, wenn keine bedeutenden Schritte dagegen gesetzt werden. Auf der Seite der Ukraine gibt es klare Verbesserungen. Es gibt keine  Einrichtungen mehr, wo Personen langfristig willkürlich festgehalten werden. Doch wir haben Fälle von Haft, wo Personen einige Tage willkürlich festgehalten wurden, ohne dass die Haft auch rechtlich dokumentiert wurde. Das ist inakzeptabel, die Lage wurde deutlich besser. Ein Ziel des Berichts ist es, dass mehr Personen zu Rechenschaft gezogen werden für die Fälle, die in der frühen Phase des Konflikts passierten. Dazu zählt die Einrichtung des Geheimdienstes SBU in Charkiw."

Charkiw war das wichtigste illegale Gefängnis des Geheimdienstes SBU, aber nicht das einzige. Doch bisher dominiert auch in der Ukraine eine Mauer des Schweigens, von Donezk und Lugansk gar nicht zu reden, wo auch die UNO weiter keinen Zugang zu Gefängnissen hat.  Der Stellungkrieg sowie der Austausch von Gefangenen und Geißeln hat natürlich die Zahl willkürlicher festgehaltener Personen verringert, erläutert Matilda Bogner, jedoch:

"Die Natur des Konflikts hat sich gewandelt, und es gibt weniger offene Fälle. Doch auf beiden Seiten der Frontlinie sehen wir, dass gegen Personen weiter Anklagen erhoben werden, die mit dem Konflikt zusammenhängen, wie zum Beispiel Vorwürfe der Spionage; somit hat es sich nicht völlig geändert."

Drastisch geändert hat sich die Lage seit Beginn der Corona-Krise; querten die Frontlinie davor pro Monate bis zu einer Million Personen, so sank die Zahl sogar auf etwa 50.000. Der Zugang zu Pensionszahlungen und zu Verwandten zählt somit nun zu den massiven zusätzlichen Einschränkungen, mit denen die Bewohner der Ostukraine leben müssen.   

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