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Online Prozess zu Mh17

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Kleine Zeitung
Berichte Ukraine

Der Abschuss der Mh-17 über der Ostukraine am 17. Juli 2015 war auch ein Wendepunkt des Krieges. Opfer waren nun nicht mehr Ukrainer allein, sondern auch Zivilisten unbeteiligter Staaten. alle 298 Insassen, darunter 80 Kinder und 15 Besatzungsmitglieder, kamen ums Leben. Zum Zeitpunkt des Abschusses war der Krieg zwischen ukrainischen Soldaten und prorussischen Rebellen bereits in vollem Gange. Der Krieg erschwerte auch die Bergung der Toten und Trümmer. Die Niederlande machen Russland verantwortlich. Russland habe den Rebellen ein Raketensystem geliefert vom Typ „Buk“ geliefert, das die Mh-17 abgeschossen habe. Moskau hat diese Vorwürfe stets zurückgewiesen; knapp vor Beginn des Prozesses sprach das Außenministerium In Moskau von einer Kampagne gegen Russland, die es als Druck auf das Gericht wertete. Doch eine plausible Erklärung für den Abschuss, hat Moskau bisher nicht präsentiert.

Die Mehrheit der getöteten Passagiere der Mh-17 waren Niederländer; daher findet der Prozess in Amsterdam in einem Gebäude in der Nähe des Flughafens statt. Angeklagt sind vier Personen, drei Russen und ein Ukrainer; Sergej Dubinskij, ein pensionierter Offizier des militärischen Nachrichtendienstes der russischen Armee (GRU), Leonid Chartschenko, ein Ukrainer, der für die militärische Aufklärung in der sogenannten „Volksrepublik von Donezk“ zuständig war, der Russe Igor Girkin, Kampfname Strelkow, der zum Zeitpunkt des Abschusses „Verteidigungsminister“ in Donezk war, sowie Oleg Pulatow, ein Oberstleutnant der Reserve der russischen Armee. Alle vier Männer haben nach Ansicht der Staatsanwaltschaft und der Ermittler eine entscheidende Rolle beim Transport des Buk-Systems von Russland in die Nähe des Ortes Snezhnoe gespielt. Derzeit nicht angeklagt sind die Bedienungsmannschaft und das vorgesetzte Kommando jener russischen Einheit, zu der das –Raketen-System gehört haben soll. Keiner der vier Angeklagten ist beim Prozess anwesend. Einen Anwalt beauftragt hat nur Oleg Pulatow, der nach Ansicht von Ermittlern die unbedeutendste Rolle gespielt haben soll. Sein Sohn soll in Amsterdam leben; vielleicht hat auch dieser Umstand seine Entscheidung beeinflusst, einen Verteidiger zu nominieren.

Die Ermittler präsentierten bereits Trümmer der Rakete, die die Mh-17 abgeschossen haben soll. Beim Prozess dürften ebenfalls abgefangene Telefonate vorgelegt werden, die den Tathergang belegen sollen. Außerdem sollen 13 Zeugen präsentiert werden, die den Abschuss gesehen haben. 12 davon sollen geschützte Zeugen sein, einer wird beim Prozess anwesend sein, verlautete aus Kreisen der Ermittler. Wie lange der Prozess dauern wird, ist offen.

Fakten und Indizien sprechen klar dafür, dass Russland das Raketensystem vom Typ Buk geliefert hat, mit dem die Maschine abgeschossen wurde. Sofort nach dem Abschuss schrieben russische Medien, dass die Rebellen einen ukrainischen Militärtransporter vom Typ AN-26 abgeschossen haben. Der Transport eines russischen Buk-Raketensystems durch die Ostukraine war auf sozialen Netzwerken zu finden. Gesichert ist, dass die Rebellen aus zwei Gründen nicht in der Lage waren, das Flugzeug abzuschließen. So betonte Igor Girkin, der alle Beschuldigungen zurückweist, immer wieder, die Raketen-Systeme der Rebellen hätten nur bis auf maximal 6500 Meter Höhe schießen können; die Mh-17 flog aber auf 10.050 Metern. Zweitens dauert die Ausbildung an einem Buk-System etwa ein Jahr; derartige Bedienungsmannschaften hatten die Rebellen nicht. Die von der Ukraine im Krieg eingesetzte Suchoj-25 kann zwar kurz auf diese Höhe steigen, dort aber nach Angaben des russischen Konstrukteurs nicht schießen, ohne selbst abzustürzen. Der Konstrukteur selbst geht von einer Boden-Luftrakete aus.

Tests an dem Buk-System haben niederländische Ermittler in Finnland durchgeführt, wo diese Rakete bis 2015 bei den Streitkräften in dienst stand. Das einzige Buk-System, das Zivilisten zugänglich ist, steht im Luftabwehr-Museum bei Helsinki. Die Abschussvorrichtung funktioniert auch ohne das Zielerfassungsradar, das in einem eigenen Fahrzeug untergebracht ist. Doch in diesem Fall, der in der Ostukraine zum Tragen kam, liefert das Radar nur sehr beschränkte Daten, betont der Direktor des Museums, Esa Kelloniemi, der selbst Kommandant der finnischen Buk—Brigade war; man sehe nur, ob das Ziel klein oder groß sei, die Flughöhe und die Entfernung zur eigenen Fahrzeug. Ein Abschuss in einer derart unklaren Lage, sei daher sehr riskant, betont Esa Kelloniemi: "Er schießt auf etwas, und sieht danach, was es war. Mit diesem System, weiß man nicht auf was man schießt, weil man nicht weiß, ist das ein Freund oder Feind. Man übernimmt viel Risiko, wenn man in einer derartigen Lage schießt, wenn es derartige Fehlermöglichkeiten gibt."

Läßt sich berechnen, von wo eine Rakete abgefeuert wurde? Ja sagt Esa Kelloniemi: "Kennt man Geschwindigkeit und Flughöhe des Ziels sowie die Einsatzreichweite der Rakete, kann man einen Kreis ziehen und berechnen, wo das System beim Abfeuern gewesen sein muss. Der Durchmesser ist etwa 25 Kilometer."

Somit bestehen kaum Zweifel, dass die Rakete auf dem Rebellengebiet gestanden hat. Ein Fehler der Bedienungsmannschaft und der wohl ebenfalls anwesenden Vertreter der prorussischen Rebellen dürfte somit den Tod von 298 Menschen verursacht haben. Unklar ist, wie dieser Fehler zustande kam. Denn ein ukrainischer Militärtransporter vom Typ AN-26 erreicht nur eine maximale Flughöhe von 8.100 Metern; die Mh-17 flog aber auf 10.050 Metern, und das hätte die Bedienungsmannschaft sehen müssen. Doch ebenso unklar ist weiterhin, wie konkret vor Ort die Entscheidung getroffen wurde, die Rakete abzuschießen.

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