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Religiöse Spannung in der Ukraine

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Berichte Ukraine

In der orthodoxen Christenheit wird morgen Ostern gefeiert; das gilt auch für die Ukraine; doch dort kann nur bedingt von einem religiösen Osterfrieden gesprochen worden. Denn das gespannte Verhältnis zwischen Kiew und Moskau seit der Annexion der Halbinsel Krim und der Krieg in der Ostukraine haben auch das Verhältnis zwischen den Konfessionen sowie zwischen dem ukrainischen Staat und der Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats massiv verschlechtert. In den Kriegsgebieten der Ostukraine werden proukrainische Kirchen unterdrückt, anderseits wirft die Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats in der Ukraine der Staatsführung vor, ihre religioösen Freiheiten zu beschneiden. Durch massive Hilfe von Staatspräsident Petro Poroschenko erkannte der Patriarch von Konstantinopel die Eigenständigkeit der ukrainischen Kirche Anfang Jännern an; zwar hat Petro Poroschenko die Wahl um das Präsidentenamt verloren, die religiösen Konflikte sind damit aber nicht verschwunden, berichtet unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Mit etwa 12.000 Pfarren ist die Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats nach wie vor die größte Religionsgemeinschaft in der Ukraine. Diese Kirche genießt eine weitgehende Autonomie von Moskau, wird aber von vielen nationalbewussten Ukrainern als fünfte Kolonne Moskaus angesehen. Seit der Gewährung der Selbständigkeit der Ukrainisch Orthodoxen Kirche durch den Patriarchen von Konstantinopel sollen 400 Pfarren des Moskauer Patriarchats übergetreten sein. Diese Zahl bestreitet der Vikar der Diözese des Moskauer Patriarchats von Odessa, Bischof Theodor. Nach seinen Angaben sollen nur 40 Pfarren freiwillig übergetreten sein, in 200 Fällen seinen Pfarren und Kirchen mit Gewalt entrissen worden. Bischof Theodor weist auch die zusätzliche Bezeichnung Moskauer Patriarchat zurück; seine Kirche sei die einzige Kirche, die von den Orthodoxen Kirchen in der Welt als kanonisch anerkannt sei. Die Medien beschuldigt er, einen Informationskrieg gegen seine Kirche zu führen:

"Ich muss betonen, dass die Medien über unsere soziale Hilfe schweigen, die wir leisten und nur Lügen über uns verbreiten. Dazu zählen Behauptungen, dass wir für die Feinde der Ukraine, für Wladimir Putin und für den Sieg russischer Waffen beten. All das wird ohne Beweise verbreitet; gegen unsere Kirche wird ein Informationskrieg geführt; dadurch wird das Denken der Menschen darauf vorbereitet, damit sie die gewaltsame Übernahme unserer Kirchen akzeptieren.“

Die Diözese von Odessa umfasst 400 Pfarreien; nur fünf Geistliche seien übergetreten, in drei Fällen seien Kirchen gewaltsam übernommen worden. Dazu sagt die Juristin der Diözese, Oksana Kolodenko:

"In der Regel versammeln sich einige Personen, die dann die Änderung der Jurisdiktion initiieren. Meistens sind das keine Mitglieder der Pfarrgemeinde; sie schneiden die Schlösser der Kirchen auf und übernehmen die Gebäude. Dazu kommt, dass keine Behörde darauf reagiert. Keine unserer Anzeigen in diesem Jahr wurde protokolliert; auch unsere Anzeigen gegen persönliche Drohungen werden nicht aufgenommen."

Darüber hinaus wirft Bischof Theodor den Behörden vor, aktiv gegen seine Kirche vorzugehen:

"Wir wollten Gebäude kaufen, um sie in Kirchen umzuwandeln. Doch auf die Eigentümer wird Druck ausgeübt, und die Eigentümer sind dann nicht mehr bereit, an uns zu verkaufen. Einen Tag später zogen alle Personen ihr Verkaufsangebot zurück. In zweieinhalb Monaten konnten wir kein einziges Gebäude kaufen, obwohl wir 17 Objekte gefunden haben, die unseren Bedürfnissen entsprochen hätten. "

Bleibt zu hoffen, dass der neue Präsident Wolodimir Selenskij dazu beitragen kann, auch die religiöse Lage zu entspannen. Denn die Ukraine hat nicht nur wegen Krieges im Osten genügend Probleme, sodass die Bewahrung des religiösen Friedens im eigenen Interesse liegen sollte.

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