Vor Stichwahl in der Ukraine
In der Ukraine findet morgen die Stichwahl um das Amt des Präsidenten statt. Klarer Favorit ist der politische Kabarettist Wolodimir Selenskij. Er gewann im ersten Durchgang vor drei Wochen 30 Prozent und damit fast doppelt so viele Stimmen wie Amtsinhaber Petro Poroschenko. Höhepunkt und Abschluss des Wahlkampfes war gestern die Konfrontation der beiden Spitzenkandidaten in einem Fußballstadion in Kiew:
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz:
Insert1: Wolodimir Selenskij, Führender nach dem ersten Wahlgang
Insert2: Petro Poroschenko Präsident der Ukraine
Gesamtlänge: 1’25
Mit 22.000 Besuchern war das Stadion nur zu einem Drittel besetzt; sie waren vor allem Anhänger, die beide Kandidaten mobilisiert hatten. Den Ort durchgesetzt hatte Wolodimir Selenskij, der als politischer Kabarettist über langjährige Bühnenerfahrung verfügt. Seiner Filmrolle als einfacher Lehrer, der zu einem volksnahen Präsidenten wird, blieb er gestern treu:
"Herr Poroschenko, ich habe Fragen, die mir Bürger geschickt haben: „Wie ist es möglich, dass die Ukraine zum ärmsten Land mit dem reichsten Präsidenten in ihrer Geschichte wurde. Sind Sie bereit am Experiment teilzunehmen, mit einer Pension von 50 Euro im Monat zu überleben?“
Petro Poroschenko versuchte, seinen Herausforderer als inkompetent und als Marionette eines Oligarchen darzustellen. Konkrete Antworten auf die Frage etwa nach der Armut blieb er schuldig:
"Würden Sie wissen, in welchem Zustand ich diesen Staat 2014 übernommen habe, ohne Geld, ohne Armee, würden Sie die Fragen anders stellen. Sie haben sich damals um Geld für ihre Filme bemüht, während sich die Frage stellte, wird die Ukraine überleben oder nicht.“
Überlebt hat das Land: doch wenn die Umfragen stimmen, sind seine Bewohner mehrheitlich trotzdem eines Präsidenten überdrüssig, der seine Volksnähe erst entdeckte, weil ihm bei der morgigen Wahl eine klare Niederlage droht.