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Interview mit Steven Pifer über die Beziehungen USA und Ukraine

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Berichte Ukraine

Nach der Annexion der Krim, dem Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs über der Ostukraine und wegen der russischen Beteiligung an diesem Krieg waren und sind die USA die treibende Kraft für die Sanktionen gegen Russland. Hinzu kommt, dass die USA die ukrainischen Streitkräfte bei ihrem Wiederaufbau durch Ausbildner und Manöver unterstützen und seit heuer auch Panzerabwehrwaffen an die Ukraine liefern. Anderseits gehören die USA auch zu klaren Kritikern mangelnder Reformen durch die Führung in Kiew, vor allem was den Kampf gegen die Ukraine betrifft. Zu den bilateralen Beziehungen in den Jahren zwischen 1991 und 2004 hat der frühere US-Botschafter in Kiew, Steven Pifer, ein Buch geschrieben, das in seinem Ausblick auch die Entwicklung bis zu Gegenwart umfasst. Unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz hat dieses Buch gelesen und Steven Pifer bei einem Besuch getroffen; hier sein Bericht:

Die Wahl von Donald Trump war für die regierende politische Elite der Ukraine ein Schock; sie hatte ganz auf Hillary Clinton gesetzt. Daher waren zunächst die Befürchtungen groß, Donald Trump könnte mit Vladimir Putin einen Interessensausgleich erzielen, der auch zu Lasten der Ukraine gehen könnte. Kiew bemühte sich intensiv um gute Beziehungen zu Trump und führenden Vertretern der Republikanischen Partei – nicht ohne Erfolg. Steven Pifer war zwischen 1997 und 2000 Botschafter in Kiew; er befasst sich seit 20 Jahren mit der Ukraine. Die Beziehungen zwischen Washington und Kiew beschreibt Steven Pifer so:

"Die Außenpolitik unterstützt die Ukraine und ist sehr skeptisch gegenüber Russland, was auch die zusätzlichen Sanktionen zeigen. Das entspricht dem Zugang der Republikanischen Partei. Einige Schritte gingen über die Präsidentschaft von Barak Obama hinaus, wie die Lieferung von tödlichen Waffen. Ich bin nur manches Mal nicht sicher, ob Präsident Donald Trump diese Politik völlig unterstützt. Wie bei vielen anderen Fragen schein es eine Trennung zwischen dem zu geben, was die Regierung tut und worüber der Präsident manches Mal zu sprechen scheint."

Die USA sind an keinem Friedensprozess direkt beteiligt, weder in Minsk noch beim Normandie-Format, unter dem Frankreich, Deutschland, Russland und die Ukraine verhandeln. Die Frage nach dieser Abstinenz beantwortet Steven Pifer so:

"Zunächst einmal: die USA wurden nicht eingeladen, am Normandie-Format und am Minsk-Prozess teilzunehmen. Ich denke auch nicht, dass die Russen daran interessiert wären, und zu einem gewissen Maße sehen Deutschland und Frankreich das als europäisches Projekt. Ich bin nicht sicher, dass eine Teilnahme der USA nun die Dynamik ändern würde. Sollte es Anzeichen dafür geben, dass eine Beteiligung der USA den Friedensprozess beschleunigen würde, wäre das sinnvoll. Doch ein Erfolg der Bemühungen der USA und in Minsk hängen vom Kreml ab. Die Russen müssen entscheiden, ob sie eine echte Vereinbarung für das Donezbecken wollen, und das hieße den Abzug ihrer Truppen und die Wiederherstellung der Souveränität der Ukraine.“  

In seinem Buch über die bilateralen Beziehungen warnt Steven Pifer die Ukraine, ihre geopolitische Bedeutung zu überschätzen; das Land sei nicht zu wichtig, um nicht scheitern zu können. Warum diese Warnung? Steven Pifer:

"Das ist eine Sorge die ich hatte; in der Vergangenheit haben wir eine Art Ukraine-Müdigkeit gehabt, üblicherweise in Europa. Die Ukraine hat viele Reformen durchgeführt, doch es bleibt noch viel mehr zu tun. Ich befürchte, dass die Unterstützung in Europa beginnen würde zu schwinden, sollte die Ukraine das Gefühl haben, dass sie diesen inneren Wandel nicht durchführen muss. Das wäre weder gut für die Ukraine, noch für Europa, das eine stabile, gedeihende, demokratische Ukraine braucht."

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