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Deutsche Altösterreicher in der Karpato-Ukraine

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Berichte Ukraine
Unter Maria Theresia und gefördert von den Grafen Schönborn siedelten sich Niederösterreicher auch in der sogenannten Karpato-Ukraine an, die bis zum Ende des Ersten Weltkrieges zu Österreich gehörte. Heute ist das Gebiet der westlichste Zipfel im Grenzgebiet zu Ungarn und der Slowakei. Trotz eine wechselvollen und tragischen Geschichte leben dort noch heute deutsche Altösterreicher, die ihre niederösterreichischen Wurzeln nicht vergessen haben. Eine Spurensuche von Christian Wehrschütz:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus der Ukraine

Insert1: Josef Kaloj, Altösterreicher in Barthaus/Barvovo

Insert2: Josef Kaloj, Altösterreicher in Barthaus/Barvovo

Insert3: Vater Josef, Geistlicher in Pausching/Pawschino

Insert4: Magdalena Horbas, Bewohnerin von Königsfeld/Ust Tschorna

Insert5: Imre Horbas, Bewohner von Königsfeld/Ust Tschorna

Gesamtlänge: 3’16

Barthaus, ukrainisch Barbovo liegt wenige Kilometer südlich von Mukatschewo, der zweitgrößten Stadt der Karpato-Ukraine. Landwirtschaft prägt das Dorf mit seinen etwa 1000 Bewohnern, in dem auch noch etwa 40 deutsche Altösterreicher leben. Einer von ihnen ist der 61-jährige Josef Kaloj; seine Vorfahren stammen aus dem Waldviertel, der deutsche Dialekt wurde und wird über Generationen vererbt:

"Bis sieben Jahre habe ich nicht einmal Ukrainisch gesprochen; dann bin ich in eine ukrainische Schule gegangen, danach habe ich die Universität besucht und bin Tierarzt geworden."

Kleinvieh und Gärten haben die meisten Bewohner, die damit einen Teil ihrer Versorgung mit Lebensmittel decken. Seit fast 20 Jahren betreibt Josef Kaloj aber auch eine Bäckerei; mit dem Brot, das je Laib umgerechnet 20 Eurocent kostet, beliefert er nicht nur Barthaus, sondern auch Nachbardörfer und Mukatschewo. Deutlich sichtbar ist der Frauenüberschuss im Dorf:

"Die meisten Männer arbeiten im Ausland; ganz wenige arbeiten in Mukatschewo, Frauen sind alle hier, doch die Männer arbeiten meistens im Ausland; von dort bringen sie meistens das Geld."

Wie sehr Barthaus einst österreichisch geprägt war, zeigt der Friedhof. Die stärkste Auswanderungswelle erfolgte in den 90iger Jahren nach dem Zerfall der Sowjetunion. Das Kirchweihfest im Nachbardorf Pausching, ukrainisch Pawschino, führt die verstreuten Reste zusammen. Der Pfarrer stammt aus dem Bodenseeraum; er lebt seit 24 Jahren in der Ukraine; in Pausching wird die Messe noch zweisprachig gehalten, in anderen Dörfern nur mehr auf Ukrainisch:

"In den anderen Gemeinden ist alles Ukrainisch ohne Dolmetscher, weil niemand mehr da ist, der deutsch versteht oder fast niemand mehr.“

Königsfeld, ukrainisch Ust Tschorna, liegt 50 Kilometer nördlich der rumänischen Grenze im Theresiental in den waldreichen Gebieten der Karpato-Ukraine. Forstwirtschaft prägt das Dorf mit seinen etwa 1500 Bewohnern, in dem auch noch einige Familien deutscher Altösterreicher leben. Einer von ihnen ist der 63-jährige Imre Horbas; die Vorfahren des früheren Automechanikers kamen als Schiede und Holzarbeiter nach Königsfeld. Imre und seine jüngere Schwester Magdalena haben sich ihren deutschen Dialekt bewahrt. Können Kinder und Enkel noch den Dialekt?

"Die Kinder wollen weder so noch so reden aber sie verstehen. Meine Tochter versteht ab sie red, wie wir sagen hojdali wojdali.

Holz ist der zentrale Wirtschaftsfaktor der Region; die meisten anderen Betriebe aus sowjetischer Zeit überlebten den Zerfall der Sowjetunion nicht, mit dem auch eine massive Auswanderung der deutsche Altösterreicher einsetzte:

"Wir sind aufgewachsen, a waren 80 Prozent deutsche Leute - es überall deutsch - scheite leute"

Auch eine der beiden Töchtern Magdalenas hat nach Österreich geheiratet; Skype wird auch hier zur regelmäßigen Kommunikation über die Grenzen hinweg genutzt. Und wie ist die wirtschaftliche Lage jetzt in Königsfeld?  

"Es geht schon etwas besser, hoffentlich wird es weiter besser gehen; ich möchte in der Ukraine leben aber ich möchte auch gut leben.

Alpiner Tourismus zählt zu den Hoffnungsträgern, sollten die Straßen endlich erneuert sein, die die Anreise massiv erschweren. Zwar gibt es ein Wirtshaus, ein Geschäft und kleinere Hotels, und sogar eine Bäckerei, die ebenfalls einem Altösterreicher gehört, doch für den Fremdenverkehr bleibt noch viel zu tun. Ob wirtschaftlicher Aufschwung aber auch das Aussterben dieses deutschen Dialekts verhindern können wird, ist fraglich.

 
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