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Die Binnenflüchtlinge und die Roten Nasen

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Berichte Ukraine
In der Ostukraine ist nach drei Jahren Krieg noch immer kein Frieden in Sicht; dieser Umstand trifft nicht nur die Menschen besonders hart, die im Kriegsgebiet oder in der Nähe der Front leben. Massiv betroffen sind auch die etwa 1,5 Millionen Binnenflüchtlinge, die das Kriegsgebiet verlassen und nun auf einem Territorium leben, das von der Regierung in Kiew kontrolliert wird; denn nach drei Jahren Krieg und ohne Perspektive auf Frieden stellt sich für viele Flüchtlinge nun die Frage, ob sie sich nicht dort neu einrichten sollen, wo sie gerade leben. Materiell betreut werden sie unter anderem vom Roten Kreuz, das bei der psychologischen Betreuung auch mit den Roten Nasen aus Österreich zusammenarbeitet; View Clowns dieser Organisation sind gerade wieder in der Ukraine; ihren Auftritten ist unser Korrespondent Christian Wehrschütz gefolgt; hier sein Bericht:

ATMO:

Ein Kindertheater in Kiew bildete für zehn Kinder aus der Ostukraine am vergangenen Samstag für zwei Stunden die Bretter, die die Welt bedeuten. Alle waren kostümiert, weiter 20 Kinder saßen mit Eltern und Verwandten im Zuschauerraum. Gegeben wurde ein Stück, dass die Kinder gemeinsam mit den vier Clowns der Roten Nasen erarbeitet hatten; der Inhalt thematisierte auf sanfte Weise Ängste und Wünsche der Kinder, die alle aus dem Kriegsgebiet stammen. Die vier Clowns sind eine eingespielte internationale Truppe, ein Slowake, ein Tscheche, eine Ukrainerin und eine Litauerin. Alle sprechen Russisch, so daß es keine Sprachbarrieren gibt. Pavel Michalak ist bereits zum sechsten Mal in der Ukraine; die Arbeit des Clowns beschreibt er so:

„Unser wichtigstes Werkzeug ist der Humor. Er gibt uns als Clowns große Freiheit; was die Physiotherapie für den Körper ist, das ist der Humor für die Seele, ein großes Mittel zur Heilung. Wenn Menschen aus vollem Herzen lachen, dann vergessen sie ihre schlechte Lage und Hoffnung kann kommen und positives Denken kann einsetzen."

Zur Aufführung gekommen ist auch die Mutter Julia mit ihrer 29-jährigen Tochter Margarita, ihrer 10-jährigen Tochter Domenika und ihrem 8-jährigen Enkel Rostislav; Rostislav und Domenika spielten auch bei der Aufführung mit. Die Familie stammt aus der Stadt Makiejvka in der Nähe von Donezk und ist seit November 2014 in Kiew. Vor allem Domenika litt schwer unter den Erlebnissen des Krieges, erzählt Mutter Julia:

"Beim Roten Kreuz hat sie sich dann wieder zu öffnen begonnen; war nicht mehr so verschlossen. Jetzt spricht sie mit anderen Kindern. Früher weinte sie ständig, zeichnete Flugzeuge, die bombardieren. Sie schrieb - ich hasse, hasse; doch jetzt haben sich ihre Zeichnungen geändert."

Schwer war und ist der Neubeginn in Kiew für die Familie; prorussische Rebellen stahlen die Autobusse des Transportunternehmens, der Vater wurde einen Tag verhört, mißhandelt und beschuldigt für die ukrainische Seite zu arbeiten. Die Lebensumstände in Kiew schildert Mutter Julia:

"Es war sehr schwer, weil alles zurückblieb, die Wohnung, unser Betrieb, einfach alles; auch jetzt ist es schwierig, weil wir Untermieter sind und nicht unsere eigene Wohnung haben. Mein Mann arbeitet bei der Rettung als Fahrer; ich verdiene durch Pediküre und Maniküre hinzu, denn in meinem Alter findet man keine dauerhafte Anstellung mehr."

Julia und ihre Familie sind eines von vielen Schicksalen, mit denen auch die Clowns der Roten Nasen konfrontiert werden; dazu sagt Pavel Michalak:

"Viele aus dem Kriegsgebiet sind Bergleute. Viele von ihnen können nichts anderes, und nun müssen sie sich nach etwas Neuem umschauen. Hinzu kommt ihr Heimweh ohne Perspektive auf Rückkehr; das ist ihr zweiter Schicksalsschlag, dass sie ihre Hoffnung auf Rückkehr verlieren."

ATMO:

Die Auftritte der Clowns sind daher auch Erleichterung und Entspannung für die Eltern, denn das unbeschwerte Lachen der Kinder macht das schwierige Leben leichter- zumindestens für einige Stunden.
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