× Logo Mobil

Neue Schutzhülle für Tschernobyl nimmt Arbeit auf

Radio
FJ8
Berichte Ukraine
In der Nach vom 25. Auf den 26. April 1986 führten Unfähigkeit und Schlamperei der sowjetischen Bedienungsmannschaften zum Supergau im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl. Die ausgetretene Strahlung war in ganz Europa meßbar, große Landstriche um das Kraftwerk wurden unbewohnbar, viele selbstlose Retter bezahlten ihren Einsatz mit dem Leben. Im selben Jahr baute die Sowjetunion einen Schutzmantel aus Beton um das Kraftwerk, der heute, mehr als 30 Jahre später, durch eine neue Schutzhülle ersetzt wird. Diese Konstruktion wiegt mehr als 36.000 Tonnen und ist das größte bewegliche Bauwerk der Welt. Auf dem Weg nach Tschernobyl ist derzeit unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz, der den folgenden Beitrag über die neue Schutzhülle gestaltet hat:



Es ist wahrhaftig ein Gigant, der da seit mehr als zwei Wochen mit zehn Meter pro Stunde mit einem System von Spezialschienen und Hydraulik auf den Reaktorblock Nummer 4 des Kraftwerks von Tschernobyl zubewegt wird. Heute wird dieser Transport abgeschlossen sein. Die neue Sicherheitshülle ist so hoch, dass die Kathedrale von Notre Dame in Paris darunter Platz hat. Diese Hülle, auf English „New save confinement“ genannt, soll 100 Jahre halten und den Austritt von radioaktiver Strahlung verhindern. Finanziert das das insgesamt zwei Milliarden Euro teure Projekt, zu einem Drittel die EBRD, die Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Auf die Frage, wie gesichert nun der explodierte Reaktorblock und der alte Betonsarkophag sind, antwortet Balthasar Lindauer von der EBRD, so:



„Das Projekt ist damit noch nicht zu Ende, das Lüftungssystem, die Kräne, das Kontrollsystem müssen jetzt noch angeschlossen, getestet und übergeben werden an die Ukraine. Wenn das der Fall ist, ist dieser Ort bedeutend sicherer als er jemals war; die große Sorge, die wir hatten, ist, dass vor der Fertigstellung des new save confinements der alte Sarkophag einstürzen könnte; das würde die Situation vor Ort bedeutend verschärfen. Dieses Risiko ist mit dem new save confinement deutlich reduziert, weil der alte Sarkophag Witterungseinflüssen nicht mehr ausgesetzt ist."



Die neue Sicherheitshülle ist aber nicht nur eine Hülle, sondern soll die Grundlage für weitere Arbeiten bilden, die am Reaktor Nr 4 und am alten Sarkophag nötig sind, betont Balthasar Lindauer:



"Relativ zügig nach der Fertigstellung des new save confinements wird die Ukraine daran gehen, die sogenannten instabilen Teile des alten Sarkophags abzubauen. Darüber gibt es bereits grundlegende Planungen, wie das funktionieren kann. Für alle weiterführenden Aufgaben, wie zum Beispiel den gesamten Rückbau des alten Sarkophags und die Bergung der radioaktiven Materialien, die darin enthalten sind, hat man jetzt Zeit, das in Ruhe zu machen und Technologien zu entwickeln, mit denen das getan werden kann. Die Ukraine hat im Moment keine umfassende Strategie, wie sie mit radioaktiven Materialien umgehen will, aber es ist die Zeit, eine derartige Strategie zu entwickeln und entsprechend die Maßnahmen umzusetzen, die da nötig sind."



Dazu fehlt der Ukraine derzeit aber auch das Geld, und internationale Geber werden in dem von Krieg und Krise gezeichneten Land wohl wieder aushelfen müssen. Doch wie sieht es nun in und um Tschernobyl 30 Jahre später aus? Balthasar Lindauer:



"Eine 30 Kilometer rund um das Kraftwerk ist gesperrt, mit einer Zehn-Kilometer-Zone, die noch größeren Einschränkungen unterliegt. Die Strahlenbelastung an verschiedenen Stellen ist sehr unterschiedlich; an manchen Stellen ist es durchaus gravierend, wo Laute sich nicht lange Zeit aufhalten sollten, wo man begrenzte Möglichkeiten der Nutzung hat. Bei anderen Gegenden denkt man darüber nach, bestimmte Sorten von Nutzungen möglich zu machen in Zukunft."



So sieht ein Plan chinesischer Investoren den Bau einer Fotovoltaik-Anlage vor, die mehr als ein Gigawatt Strom liefern soll. Der Bau soll im kommenden Jahr beginnen.
Facebook Facebook