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Petro Poroschenko und die Panama Papers

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Berichte Ukraine
Ein Unglück kommt selten allein – dieses Sprichwort trifft auf die Ukraine in dieser Woche vollständig zu. Zuerst kam ihr Präsident Petro Poroschenko durch die Enthüllung in den sogenannten Panama Papers wegen zweifelhafter Offshore-Firmenkonstruktionen in Verbindung mit seinem Süßwarenkonzern Roshen in die Schusslinie; und dann lehnten auch noch die Niederländer in einem Referendum das Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine ab, dessen in Kraft treten nun in Frage steht. Ob die Stimmung in den Niederlanden durch Poroschenkos Offshore-Firmen beeinflusst wurde, ist unklar; sicher ist, dass der Präsident in der Ukraine damit beträchtlich an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren hat, berichtet aus Kiew unser Korrespondent Christian Wehrschütz:

Roshen heißt der Süßwarenkonzern, der aus dem inneren Teil des Namens Poroschenko gebildet und vom Vater des amtierenden ukrainischen Präsidenten geschaffen wurde. Bereits vor seiner Wahl im Mai 2014 versprach Petro Poroschenko, sich als Präsident von diesem Konzern zu trennen, sprich entweder Roshen zu verkaufen oder an einen Treuhänder zu übertragen. Dass letzteres im Jänner 2016, fast zwei Jahre später geschehen sei, behauptet nun die Treuhandgesellschaft Rothschild-Trust, die Roshen nun führen soll; Beweise wurden aber nicht vorgelegt. Dagegen wurde mit den sogenannten Panama-Papers nun aufgedeckt, dass Poroschenko seit August 2014 zwei Offshore-Gesellschaften gründete, die auf den Britischen Jungferninseln und in Zypern registriert sind; sie wiederum führen Roshen Europa, eine Gesellschaft, die in den Niederlanden sitzt und die Roshen in der Ukraine führt. Offshore wird in der Ukraine mit Oligarchen und Steuervermeidung gleichgesetzt; dazu sagt in Kiew der Leiter der Anti-Korruptions-Organisation „Transparency International“ Andrij Marusow:

"Es gibt zwei Arten von Vorwürfen gegen Petro Poroschenko, die beide mit Korruption zusammenhängen; so hat er in seiner Vermögenserklärung die Anteile an diesen Offshore-Firmen nicht angegeben. Zweitens stellt sich die Frage, ob er nach seiner Wahl weiter geschäftlich aktiv war? Das kann man annehmen, jedenfalls auf der Basis der veröffentlichten Dokumente. Das wäre eine direkte Verletzung der ukrainischen Verfassung, die einem Präsidenten jede andere Tätigkeit als die Ausübung seines Amtes verbietet."

Selbst wenn Poroschenko völlig legal gehandelt haben sollte, war sein politisches und mediales Krisenmanagement katastrophal; dazu sagt Andrij Marusow:

"Leider hat der Präsident seit Montag seine Unfähigkeit gezeigt, den Bürgern klipp und klar zu erklären, was vorgeht. Anstatt selbst und direkt Stellung zu nehmen, sind irgendwelche seiner juristischen Berater aufgetreten, die keiner kennt. Damit hat er für mich grob das demokratische Prinzip verletzt, dass jede gewählte Person direkt für seine Handlungen vor den Wählern verantwortlich ist. "

Möglich ist, dass Poroschenko mit den Offshore-Konstruktionen seinen Konzern reif für einen steuerschonenden Verkauf machen wollte und will. Das habe vielleicht auch damit zu tun, dass in der Ukraine die Reform der Justiz bisher nicht vom Fleck kommt, erläutert Andrij Marusow:

"Ohne normale, unparteiische Gerichte wird keine Investition hierher kommen. Selbst Ukrainer werden hier nicht investieren, sondern so handeln wie im Falle von Roshen; sie werden alles in Offshore-Firmen auslagern, und zwar nicht so sehr um weniger Steuern zu zahlen, sondern um sich selbst vor feindlichen, gaunerischen Angriffen abzusichern. Denn auf den britischen Jungferninseln gilt die britische Gerichtsbarkeit, dort funktioniert die juristische Lösung von Konflikten gut. Alle haben darin Vertrauen; denn wo regeln russische und ukrainische Oligarchen ihre Konflikte - in London."

Sollte das die eigentliche Motivation von Petro Poroschenko gewesen sein, ist das ebenfalls nicht schmeichelhaft für die Ukraine. Wer investiert schon in einem Land, in dessen Justiz der eigene Präsident auch zwei Jahre nach seiner Wahl noch immer kein Vertrauen haben kann?

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