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Uspenka ein Dorf an der russischen Grenze

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Berichte Ukraine
Gut ein Jahr wird in der weißrussischen Hauptstadt Minsk bereits über eine Friedenslösung für die Ostukraine verhandelt. Sie ist ebenso wenig in Sicht wie ein Waffenstillstand, der auch tatsächlich lückenlos eingehalten wird. Zwar beschränken sich die Kämpfe derzeit auf Artillerie-Scharmützel an einigen Frontabschnitten; doch das Endziel der Minsker-Verhandlungen – die Reintegration der prorussischen Rebellengebiete in den ukrainischen Staat – mutet derzeit illusorisch an. Dazu zählt auch die Kontrolle der Grenzübergänge zu Russland durch die Ukraine. Einen von ihnen, den Grenzübergang Uspkena und das gleichnamige Grenzdorf hat unser Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz besucht; hier sein Bericht:

Der Grenzübergang Uspenka liegt 90 Kilometer östlich der Kreishauptstadt Donezk; er ist einer von drei größeren Übergängen zu Russland, den die Rebellen der DNR, der sogenannten Volksrepublik von Donezk, kontrollieren. Entlang der Straße vor dem Grenzübergang stehen auf beiden Seiten LkW; viele haben weißrussische Kennzeichen; aus Weißrussland werden nicht nur Konsumgüter importiert; Weißrussland dient auch dazu, dass ukrainische Embargo gegen die Rebellengebiete zu umgehen. Der Übergang ist eine Hauptverbindung in die russischen Städte Taganrog und weiter nach Rostow am Don, einem Zentrum der Hilfe für die Rebellen in Donezk. Einige Kilometer vom Grenzübergang Uspenka entfernt liegt das gleichnamige Dorf. Der Zerfall der Sowjetunion vor 25 Jahren führte zum Niedergang der landwirtschaftlichen Genossenschaft, der von der unabhängigen Ukraine nicht kompensiert werden konnte. Dazu sagt der Gemeindevorsteher von Uspenka, Alexander Dennisow:

„Die Wirtschaftskrise, die die ukrainische Regierung selbst geschaffen hat, sowie der Krieg haben zur Abwanderung geführt; zwischen 450 und 500 Einwohner sind weggezogen, ein Teil nach Russland, der andere auf ukrainisches Territorium. Ihr Schicksal kennen wir nicht.“

Vom Krieg blieb das Dorf verschont, umkämpft war nur der Grenzübergang. Uspenko ist ein sauberes Dorf mit kleinen Häusern; die Hauptstraße ist asphaltiert, viele Nebenstraßen nicht; doch es gibt Internet, zwei kleine Geschäfte, eine Apotheke und eine Ambulanz; ein Arzt kommt alle zwei Wochen ins Dorf, das 1.200 Einwohner zählt; davon sind 200 Jugendliche und Kinder, 460 Bewohner sind Pensionisten, älter als 65 Jahre. Dieses Verhältnis zeigt sich auch bei der Verteilung von Hilfsgütern durch den Fonds des Oligarchen Rinat Achmetow. … Verteilt werden Mehl, Zucker, Buchweizen und Öl. Einen Plastiksack mit diesen Gütern hat auch der Pensionist Evgenij Schebetjenko erhalten:

„Das reicht für eine Woche, rechnet man ein normales Leben ohne Luxus. Die Preise sind sehr hoch, vor allem für Lebensmittel. Hinzu kommt noch die Heizung; wir heizen nicht mit Gas, sondern Kohle; das kostet ziemlich viel, weil wir die Kohle selbst kaufen.“

Evgenij Schebetjenko bekommt 2250 Rubel Pension, das sind derzeit weniger als 30 Euro. Doch so trostlos ist die Lebensrealität des 65-jährigen Witwers nicht, der sich als Nebenerwerbsbauer zu helfen weiß; Evgenij Schebetjenko:

„Ich halte Enten, Hühner, habe zwei Ferkel und Kaninchen. Dann habe ich auch noch einen Kleingarten und ein Stück Land, wo ich Gemüse, Kartoffel und Mais anbaue. Das Saatgut bekommen wir von Bauern, denen ich auch mein kleines Stück Land verpachtet habe.“

Hinzu kommt, dass so mancher Bewohner von Uspenka auch in Russland arbeitet. Die Stimmung im Dorf ist daher auch mehrheitlich prorussisch. Eine Reintegration in die Ukraine wird nicht ersehnt, die derzeit ohnehin bestenfalls in weiter Ferne liegt.

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