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Ostukraine zwischen Frieden, Rubel und Phönix

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Gut 20 Monate dauert der Konflikt in der Ostukraine bereits; aus dem zunächst heißen Krieg droht immer mehr ein eingefrorener Konflikt mit geringen Verstößen gegen die Waffenruhe zu werden, denn eine politische Lösung ist nicht in Sicht. Wollten die prorussischen Rebellengebiete von Donezk und Lugansk zunächst los von der Ukraine, ist nun die Führung in Kiew offensichtlich nicht wirklich an einer raschen Reintegration interessiert. Wie dem auch sei: die ukrainische Finanz- und Wirtschaftsblockade treibt die Rebellen immer stärker in die Arme Russlands, das nun wohl auch die Hauptlast der Finanzierung trägt, weil die Wirtschaft dort nur sehr schlecht funktioniert. Anderseits arbeiten Donezk und Lugansk auch konsequent an ihrer Eigenständigkeit, bis hin zum eigenen Mobilfunkanbieter, der wohl nicht zufällig den Namen Phönix trägt; aus Donezk berichtet unser Korrespondent Christian Wehrschütz:  

Der Friedensplan von Minsk sieht die schrittweise Reintegration prorussischer Rebellengebiete in die Ukraine vor; während Politiker und Diplomaten verhandeln, sieht die Realität vor Ort weitgehend anders aus. In Donezk und Lugansk ist die ukrainische Währung Griwna völlig durch den russischen Rubel ersetzt worden; in den Geschäften dominieren immer mehr Waren aus Russland, ein eigenes Bankensystem und eine eigene Post gibt es ebenfalls bereits. Diese Institutionen funktionieren derzeit ebenso nur rudimentär wie der neue Mobilfunkanbieter Phönix. Der Vogel aus der Asche ist noch weitegehend isoliert, werde aber entwickelt, erläutert in Donezk der Minister für Telekom der sogenannten Volksrepublik von Donezk, Viktor Jazenko:

„Derzeit arbeitet Phönix normal nur mit Russland; doch auch von dort kann man nur über einen Verteilen angerufen werden; der ist automatisiert, doch unsere Abonnenten haben keine bestimmten Nummern, mit denen man offiziell zwischen Netzen hin und her telefonieren kann. Mit dem neuen Jahr werden wir auch eine Verbindung in die Welt haben; doch alle Knotenpunkte tragen jetzt den Charakter von Piraterie; sprich: internationale Normen werden verletzt, wenn wir Knotenpunkte mit anderen Anbietern im Ausland nutzen. Das machen wir nur, damit unsere Bürger weltweit telefonieren können, sollten die ukrainischen Hauptakteure auf unserem Markt abgeschaltet werden.“

Viktor Jazenko ist 30 Jahre alt, stammt aus dem Nachbarkreis Cherson, und kam als Freiwilliger im Vorjahr zu den Rebellen; der Mann mit Drei-Tage-Bart ähnelt frappant dem amerikanischen Schauspieler Clint Eastwood in jungen Jahren. Viktor Jazenko ist Autodidakt auf dem Gebiet der Informationstechnologie; zu den Herausforderungen beim Aufbau von Phönix sagt er:

„Wir mussten etwa 730 Basisstationen auf unser System umstellen; wir mussten 1.700 optische Kabel identifizieren, die früher verlegt wurden. Das war eine sehr anspruchsvolle und herausfordernde Arbeit. Natürlich haben wir nicht nur Spezialisten aus Donezk, sondern auch aus der Ukraine, die auf unserer Seite stehen. Doch Spezialisten kamen auch aus Usbekistan und aus Russland.“

Der ukrainische Seite wirft Viktor Jazenko vor, Schritt umd Schritt auf den Rebellen-Gebieten den Zugang zum Internet aber auch die Nutzen der traditionellen Telefonie zu begrenzen. Abgesehen von ukrainischen Unternehmen seien aber auch die ukrainischen Geheimdienste gegen das völlige Abschalten und Isolieren; Viktor Jazenko:

„Wir leben mit der totalen Überwachung des Internetverkehrs. Im März des Vorjahres bekam ich Fotos aus einem der Datenzentren in Kiew; dort wurde eines der modernsten Abhörgeräte aus den USA installiert, das geheim den Internetverkehr scannt und überwacht. Dadurch können sie Inhalte kopieren, zumal der Verkehr zwischen Anbietern weder in der Ukraine noch in Russland verschlüsselt ist. Den gesamten Verkehr kontrolliert somit die CIA und mit dem ukrainischen Geheimdienst werden Informationen geteilt. Daher will man uns nicht völlig abschalten und ausschließen.“

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