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Die Friedensgespräche von Minsk und ihre Stolpersteine

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Berichte Ukraine
In der weißrussischen Hauptstadt Minsk wird um die Mittagszeit neuerlich über eine Friedenslösung für die Ostukraine verhandelt. Vor mehr als vier Monaten wurde eine Feuerpause mit Friedensplan in Minsk und Vermittlung Deutschlands und Frankreichs vereinbart, doch vom Frieden ist die Ostukraine meilenweit entfernt. Im Gegenteil; in den vergangen zwei Wochen wurden die Gefechte wieder heftiger, während die humanitäre Lage der Bevölkerung im Kriegsgebiet zunehmend schlechter wird. In Kiew und Donezk hat unser Ukraine-Korrespondent mit Vertretern der Konfliktparteien gesprochen und den folgenden Bericht über die Probleme bei der Umsetzung von Minsk gestaltet:

Die Verhandlungen in Minsk finden auf zwei Ebenen statt; zum einen verhandeln die Ukraine und Russland unter Vermittlung der OSZE; zweitens gibt es vier Arbeitsgruppen zu den Themen Politik, Sicherheit, Wirtschaft und Humanitäres. In diesen Arbeitsgruppen sind auch die prorussischen Rebellen aus dem Donez-Becken vertreten. Diese Arbeitsgruppen sollen Detailfragen klären, etwa die Modalitäten für Lokalwahlen, die Rückkehr ukrainischer Banken oder die Durchführung von Hilfstransporten. Letztere Frage spielt heute sicher eine große Rolle in Minsk, weil Kiew seit Anfang Juni keine Hilfslieferungen mehr nach Donezk durchlässt und seit drei Tagen überhaupt die beiden Hauptverkehrsstraßen gesperrt hat. Diese Blockade begründet in Kiew die Vertretern von Präsident Petro Poroschenko in Minsk, Irina Geraschenko, so:    

"Unsere Kontrolle über die ukrainisch-russische Grenze muss wieder hergestellt werden. Dann werden auch alle Kontrollposten verschwinden. Solange aber Minsk tagtäglich verletzt und unser Territorium beschossen wird, muss die Ukraine ihr Territorium vor dem Eindringen feindlicher Gruppen schützen. Natürlich sollten davon humanitäre Missionen nicht betroffen sein. Doch auch die Ukraine muss Hilfe schicken können, und das ist bisher nicht möglich."

Dieser Einwand stimmt zwar; andererseits leiden die prorussischen Freischärler viel weniger unter der Blockade als die Bevölkerung; für sie ist die Ausreise auch Donezk auch bei offenen ukrainischen Kontrollposten mit stundenlangen Wartezeiten verbunden, weil die Ukrainer scharf kontrollieren. Das stärkt nicht gerade die Liebe zu Kiew, dessen aufrichtiger Wille zur Reintegration der Rebellen-Gebiete umstritten ist. Doch wie soll die Friedensvereinbarung nun umgesetzt werden; dazu sagt Irina Geraschenko:

"Zu erst müssen die prinzipiellen Fragen geklärt werden: Feuereinstellung, Abzug der Waffen die Überprüfung durch die OSZE, die Befreiung der Geißeln. Dann können wir die Wahlen vorbereiten, damit Donezk und Lugansk von Gewählten und nicht Selbsternannten vertreten, werden - mit Rangabzeichen des russischen Geheimdienstes auf den Schultern und russischen Waffen in den Händen."

In Donezk bestreitet man eine massive russische Militärpräsenz; doch eine umfassende russische logistische Unterstützung – von der Uniform bis zum Lebensmittel, ist jedenfalls augenscheinlich. Die sogenannte Volksrepublik von Donezk ist in Minsk durch Chefunterhändler Denis Puschilin vertreten. Er wirft Kiew wiederum vor, mit falschen Karten bei den Verhandlungen zu spielen; Denis Puschilin:

"Das Amnestiegesetz hat das Parlament in Kiew bereits im September verabschiedet. Doch Präsident Poroschenko hat es noch immer nicht unterschrieben, daher ist es nicht in Kraft getreten. Europa berichtet man über den Gesetzesbeschluss, doch in Wahrheit ist es nicht in Kraft, obwohl tausende unserer Anhänger in Haft sind."

Als weiteres Beispiel nennt Puschilin:

"Die Verfassungsreform soll in Übereinstimmung mit den Vertretern von Donezk und Lugansk erfolgen. Das heißt mit uns. Kiew hat nun eine Verfassungskommission unter dem Vorsitz des Parlamentspräsidenten gebildet, doch wir sind dort nicht vertreten. Poroschenko hat nun erklärt, dass die Verfassungsreform bereits im September erfolgen soll. Damit wird teilweise ein Punkt von Minsk erfüllt, aber nicht der wichtigste, denn es gibt keine Übereinstimmung mit uns."

Doch Kiew erkennt eben die Freischärler nicht als die Vertreter von Donezk und Lugansk an, sondern sieht in ihnen Terroristen. Daher lehnt Kiew eine direkte Beteiligung dieser Gruppen ab, die aber Moskau verlangt. Solange dieses Grundproblem besteht, ist in Minsk wohl kein Durchbruch zu erwarten, selbst wenn es in einzelnen Arbeitsgruppen durchaus Fortschritte bei den Verhandlungen gibt.

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