× Logo Mobil

Reportage aus Donezk

Fernsehen
ZiB24
Berichte Ukraine
Bei Ihrem Treffen in Lübeck haben die Außenminister der G-7-Staaten, also der USA, Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Japans, Großbritanniens und Kanadas, die volle Umsetzung der Waffenstillstandsvereinbarung für die Ukraine gefordert. Insbesondere wurde Russland neuerliche aufgefordert, die Unterstützung der Rebellen in der Ostukraine einzustellen. Gleichzeitig bemüht sich die OSZE-Mission vor Ort weiter, eine Feuerpause an allen Frontabschnitten zu erreichen. Brennpunkte sind weiter der Ort Schirokino bei Mariupol und das Gebiet des Flughafens von Donezk. An diesen Frontabschnitten war es heute weitgehend ruhig. Doch von einem normalen Leben ist man Donezk noch weit entfernt:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Donezk

Insert1: Alexej, Koch

Insert2: Larisa, Hausfrau und Mutter

Insert3: Andrej Purgin, „Parlamentspräsident der Volksrepublik von Donezk“

Gesamtlänge: 2’26

Bereits am frühen Abend wirkt Donezk wie ausgestorben. Schuld daran sind nicht nur das Aprilwetter, sondern Krise und Krieg, die wohl mehr als 300.000 Bewohner zur Flucht veranlasst haben dürften. Doch heute war es in Donezk ruhig und diesen friedlichen Tag genossen die Bewohner – etwa beim Fest der Straßenküche im Stadtzentrum. Die Preise sind für die schmalen Geldbeutel erschwinglich, die in Donezk die Regel sind. 100 Gramm Schaschlik kosten umgerechnet einen Euro:

„Etwas Geld haben sie; das Geschäft plätschert so dahin; Essen wollen schließlich alle. Uns reicht der Krieg, wir wollen Geselligkeit.“

Die Blockade der Rebellenhochburg durch Kiew und die Verarmung sind im Stadtbild unübersehbar. Geschlossen sind alle ukrainischen Banken und Institutionen; Pensionen zahlt Kiew nicht mehr aus, während hier keine Steuern mehr an Kiew abgeführt werden. Geschlossen haben viele Geschäfte in der einst reichen Stadt. Gestiegen ist kriegsbedingt die Arbeitslosigkeit:

„Im Sommer habe ich noch gearbeitet; jetzt lebe ich davon, was ich verdient habe. Doch das Geld geht zur Neige. Was weiter wird, weiß ich nicht.“

Die Versorgungslage wird durch die ukrainische Blockade schlechter. Das Angebot an Waren ist viel geringer, doch die Grundversorgung ist weiter gesichert. Engpässe gibt es jedoch bei wichtigen Medikamenten. Neu ist die doppelte Preisauszeichnung; bezahlt werden kann nun auch mit russischen Rubel, denn die Rebellen werden auch finanziell von Moskau unterstützt und zahlen Pensionen nun in Rubel aus. Russland gilt als Hoffnungsmarkt:

„Wir hoffen sehr, dass unser Maschinenbau seinen Markt in Russland findet; denn für die Rüstungsindustrie stammte ein Fünftel der Komponenten aus der Ukraine. Nun erlebt die russische Panzerproduktion eine stürmische Wiedergeburt. Außerdem entwickelt sich Südrussland jetzt sehr stark, und daran wollen wir Teil haben.“

Die politische Spaltung zwischen Donezk und Kiew wird eher tiefer denn geringer; eine Reintegration der Rebellengebiete in den ukrainischen Staatsverband ist derzeit nicht in Sicht, selbst wenn die Feuerpause an allen Frontabschnitten demnächst halten sollte.

Facebook Facebook