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Jahrestag erste Majdan Demonstration

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Berichte Ukraine
Vor einem Jahr, am 21. November 2013 vollzog die Ukraine unter Präsident Viktor Janukowitsch die vorläufige Abkehr von der EU-Annäherung. Von Moskau mit Sanktionen belegt, wirtschaftlich in der Krise und ohne nennenswerte Finanzzusagen des Westens lehnt Janukowitsch die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU schließlich ab. Noch am selben Abend versammelten sich in Kiew mehrere Tausend Menschen und protestierten gegen diesen Beschluss. Es war dies die erste größere Demonstration auf dem „Majdan nesalezhnosti“, dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew, aus der die Majdan-Bewegung entstehen sollte, die dann zum Sturz von Janukowitsch führte. Mit einer Aktivisten der ersten Stunde hat in Kiew unser Korrespondent Christian Wehrschütz über ihre Motive und ihre erste Majdan-Bilanz berichtet aus Kiew Christian Wehrschütz

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Kiew

Inserts: Elisaweta Pliaschetschnik, Studentin

Gesamtlänge: 2’33

Es waren Aufrufe in sozialen Netzwerken, die vor einem Jahr zur ersten Demonstration am Majdan gegen Präsident Janukowitsch führten. Sein Sturz drei Monate später stand damals noch in den Sternen. Nun erinnerte eine Ausstellung an die Majdan-Bewegung. Zu den Demonstranten der ersten Stunde zählte die Studentin Elisaweta Pliaschetschnik. Sie kam, obwohl sie in der EU nicht das Paradies für die Ukraine sah und sieht:

"Wir hatten schon begonnen, den EU-Vertrag zu lesen, und verstanden, dass er nicht so gut war, wie wir zunächst gedacht hatten. Es gab einige Punkte, von denen wir hofften, dass sie geändert werden könnten. Doch einfach nicht zu unterzeichnen, das war für uns schrecklich. Daher unterstützte die Mehrheit hier Janukowitsch nicht mehr; einige Tage später waren wir uns bewusst, dass wir diesen Präsidenten nicht mehr dulden konnten."

Die ersten Träger der Proteste waren vor allem Studenten, auch der Philologischen Fakultät. Elizaweta studiert hier Serbisch. Ihr gefällt der Balkan; und sie will Dolmetscherin werden. Warum war gerade diese Fakultät ein Hord der Protestbewegung?

Wir haben hier auch das Fach Ukrainistik; natürlich sind diese Studenten ziemlich patriotisch eingestellt und haben sofort an der Demonstration teilgenommen. So begannen sich viele Studenten für Politik zu interessieren, die davor kein Interesse daran hatten."

Ein staatliches Stipendium von 65 Euro im Monat ist eine wichtige Einnahmequelle der Studentin. Ein Drittel wird für das Zimmer im Studentenheim verwendet, das die 19-jährige mit zwei Kommilitoninnen teilt. Nach der Uni fährt Elizaweta jeden Tag zur Arbeit; etwa 60 Euro verdient sie im Monat in dieser McDonalds-Filiale, wo sie als Kassiererin arbeitet. Drinnen durfte nicht gefilmt werden. 30 Prozent der Mitarbeiter bei McDonalds in der Ukraine sind Studenten, in Österreich sind es nur sieben Prozent. Besser ist das Leben in der Ukraine bisher nicht geworden. Trotzdem sieht die Studentin die Majdan-Bewegung positiv:

"Bis dahin habe ich nicht geglaubt, dass des in der Ukraine so viele Menschen gibt, die wirklich glauben, Ukrainer zu sein, die an ihre Ukraine glauben, und auch glauben, dass sich die Ukraine erneuern und alle Hindernisse überwinden kann."

Bleibt zu hoffen, dass diese Einschätzung stimmt; den Beweis ihrer Richtigkeit hat die Ukraine jedenfalls noch nicht erbracht.

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