Reportage aus der Hafenstadt Mariupol
Sonstiges
ZiB2
Berichte Ukraine
Christian Wehrschütz aus der Hafenstadt Mariupol
Insert1: Juri Hotlubej, Bürgermeister von Mariupol
Insert2: Raisa, Verkäuferin in Mariupol
Insert3: Oleg Odnoroschenko, Stellvertretender Kommandant des „Bataillons Asow“
Aufsager: Christian Wehrschütz aus Mariupol
Gesamtlänge: 3’00
„Zwischen uns und den Terroristen ist nur die Armee – helft der Armee schützt Euch selbst“ – steht auf diesem Plakat an der Ausfahrtsstraße nach Nowoasowsk bei einer Straßensperre der ukrainischen Streitkräfte. Den Aufruf befolgen Freiwillige, die beim Ausheben von Laufgräben und Unterständen halfen; die konkrete Arbeitsleistung ist weniger wichtig als die moralische Unterstützung der Soldaten durch Bewohner von Mariupol:
„Die Stimmung der Bewohner ist angespannt; sie sind sehr besorgt, doch Panik gibt es keine. Schlangen vor Lebensmittelgeschäften gab es am Montag, doch wir haben die Bürger beruhigt.“
Einen großen Andrang vor Lebensmittelgeschäften gibt es tatsächlich nicht mehr; die Versorgungslage ist ebenfalls stabil; gestiegen sind aber die Preise für Gemüse, weil auch Treibstoff teurer wurde. Stabil geblieben sind die Preise für Brot und Gebäck,
„Bisher sind die Preise nicht gestiegen, alles ist in Ordnung.“
Das ist sehr wichtig, weil Brot gerade für ältere Menschen, Pensionisten und andere Bezieher niedriger Einkommen ein zentrales Grundnahrungsmittel ist. Einige populäre Geschäfte sind aber ebenso geschlossen wie einige Banken; die, die offen haben, haben kaum Valuten, und auch der Kurs zwischen Griwna und Euro ist deutlich schlechter geworden. Das Leben im Zentrum vermittelt aber einen völlig normalen Eindruck; nicht jede Schießübung dient einem möglichen Kampfeinsatz, der nach Ansicht ukrainischer Freischärler nur nötig werden könnte, weil russische Soldaten in der Ukraine stehen:
„In der vergangenen Woche waren unter den Gefangenen, die wir gemacht haben, keine Bürger der Ukraine, sondern Bürger Russlands, die noch dazu Soldaten waren. Daher bin ich überzeugt, dass wir es jetzt vor allem mit einer regulären russischen Armee zu tun haben.
Sie könnte wohl auf einen gewissen Rückhalt in Mariupol rechnen. Am Referendum für die Abspaltung von der Ukraine am 11. Mai dürften etwa 100.000 Bürger teilgenommen haben; monatelang war Mariupol in der Hand prorussischer Rebellen, die erst niedergekämpft werden mussten, und Anfang Juni abzogen. „Mariupol - Ukraine – steht auf diesem Plakat. Ob die wichtige Hafen- und Industriestaat von ukrainischen Truppen gehalten werden kann, werden wohl die kommenden Tage und Wochen zeigen.
„