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Donezk und das Leben unter dem Angst vor dem Angriff

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Berichte Ukraine
In der Ostukraine wird der Belagerungsring der ukrainischen Truppen um die Stadt Donezk immer enger. Die Stadt ist nun von drei Seiten eingekreist, und die Ukraine sind nur mehr etwa 50 Kilometer von Donezk entfernt. Je näher die Kämpfe rücken, desto größer wird die Angst in der Millionen-Stadt Donezk. Immer mehr Bewohner verlassen die Stadt, in der auch die Lage der Bevölkerung von Tag zu Tag immer schwieriger wird.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Donezk

Insert1: Maxim Rowinskij, Pressesprecher der Stadt Donezk

Insert2: Andrej, Taxifahrer und Familienvater

Insert3: Tatjana, 26 Jahre alte Chemikerin

Gesamtlänge: 2’41

Wenn es dunkel wird, wirkt das Stadtzentrum rasch wie ausgestorben. Die Parks sind leer, die meisten Restaurants schließen früher, weil es keine Gäste gibt; viele Geschäfte haben auch am Tag geschlossen, und jene, die offen haben, warten vergebens auf Kundschaft.

"Der Juli ist wirtschaftlich immer der ruhigste Monat, weil viele auf Urlaub fahren. Daher sind viele Geschäfte geschlossen oder haben Ausverkauf. Den gibt es jetzt aber nicht, und seit Jahresbeginn gingen mehr als 80.000 Arbeitsplätze verloren."

Die Stadtverwaltung ist in der Zwickmühle – zwischen der Loyalität zu Kiew und den prorussischen Rebellen, die in der Kreisverwaltung ihr Hauptquartier haben. Nach dem Fall von Slowjanks sollen bis zu 6.000 Kämpfer in die Stadt gekommen sein; einige sind in Studentenheimen untergebracht, die nicht gefilmt werden dürften. Deutlich sichtbar im Stadtbild sind die Durchhalteparolen, die alle auf den Zweiten Weltkrieg Bezug nehmen:

„Mutter Heimat ruft“ - Tretet ein in die Reihen des Landsturms des Donbass.“ – steht auf diesem Plakat und auf einem weiteren heißt es: „Männer – alle zum Schutz des Heimatlandes. Lasst nicht zu, dass es NAZI-Umerziehungslager im Donbass gibt.“

Unter der Bevölkerung wächst die Angst, dass auch in Donezk gekämpft wird. Die Front rückt näher und das wirkt sich auf das Leben aus. Immer mehr Banken sind geschlossen; Geld wird knapp wegen der unsicheren Lage; werden Bankomaten aufgefüllt, bildet sich rasch eine Schlange. Nutzwasser gibt es noch genug, Trinkwasser aber nur mehr fünf Stunden pro Tag, weil die Hauptwasserader durch die Kämpfe beschädigt wurde.

Obwohl die Versorgung mit Lebensmitteln noch funktioniert, sollen bereits zwischen 35.000 und 70.000 Bürger aus Donezk geflohen sein. Im Büro für Zugfahrkarten im Stadtzentrum herrscht großer Andrang; der Zug ist noch das sicherste Verkehrsmittel daher gibt es lange Wartezeiten:

"Ich habe keine Fahrkarte bekommen; nach Moskau gibt es sie erst in sechs Tagen; für die Krim gibt es Karten erst ab dem 24. Juli."

Doch nicht alle denken beim Kartenkauf an Flucht:

"Wir fahren auf die Krim auf Urlaub; wir wollen solange bleiben wie das Geld reicht; wir wissen aber nicht, wie jetzt dort die Preise sind, weil das jetzt Russland ist."

Vollbesetzt war heute auch der Zug nach Moskau; viele Bürger haben Freunde oder Verwandte in Russland, und entgehen so der Unsicherheit, während sich pro-ukrainische Bewohner vor allem nach Kiew oder in den Westen der Ukraine abgesetzt haben.

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