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Lokalaugenschein in Lugansk nach dem Referendum

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Berichte Ukraine


Neben Donezk hat am Sonntag auch Lugansk für die Loslösung von der Ukraine gestimmt. Das Resultat des Referendums fiel in diesem mit 2,3 Millionen Einwohnern nur halb so bevölkerungsreichen ostukrainischen Bezirk ebenso volksdemokratisch aus als in Donezk. Von den 1,4 Millionen abgegebenen Stimmen sollen 90 Prozent für die Unabhängigkeit abgegeben worden sein. Obwohl die Volksabstimmung n Lugansk ebenfalls kein demokratischen Standards entsprach steht außer Zweifel, dass es auch Lugansk massive Gründe für Unzufriedenheit mit der Regierung Kiew gibt.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Lugansk

Insert1: Wasili Nikitin, Pressesprecher der „Volksrepublik von Lugansk“

Insert2: Wasili Nikitin, Pressesprecher der „Volksrepublik von Lugansk“

Aufsager: Christian Wehrschütz aus Lugansk

Gesamtlänge: 2’32

Zwei Tage nach dem Referendum bietet die 500.000 Einwohner zählende Stadt Lugansk ein Bild des Friedens. Die Bevölkerung wartet eben ab, was kommen wird, eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Die Verwaltung ist fest in prorussischer Hand. Doch der Frieden trügt; denn heute wurde auf den selbsternannt Volksgouverneur Walerij Bolotow von einem Schafschützen ein Attentat verübt, das Bolotow aber überlebte. Wer dahinter steckt ist für seinen Pressesprecher völlig klar:

"Wir gehen davon aus, dass das Attentat die Antwort Kiews auf das Referendum war. Auf Bolotow wurde ein Kopfgeld von einer Millionen Dollar ausgesetzt, und hier gibt es genügend Großkapital, um das zu bezahlen. Und damit wir Kiew auch nichts erreichen. Vielmehr hat es nur bestätigt, dass es gegen das Volk und seinen Führer ist, der die Protestbewegung anführt."

Der schöne Schein des Zentrums täuscht; daher gibt es genügend Gründe zur Unzufriedenheit. Die Infrastruktur ist insgesamt schlecht; viele Straßen in Randbezirken zeigen, dass hier Kiew seit dem Ende der Sowjetunion vor mehr als 20 Jahren wohl nie investiert hat. Ein Schattendasein fristet die kleine ukrainische Gemeinde, die sich jeden Sonntag zum Gottesdienst in der griechisch-katholischen Kirche trifft. Dort wird auch Ukrainisch gesprochen, eine Sprache die im Bezirk nur in Dörfern dominiert. Die Stadt selbst ist völlig russisch geprägt. Auch die Wirtschaft ist vorwiegend auf den russischen Markt ausgerichtet. Daher will Lugansk der Zollunion mit Russland beitreten. Doch zunächst gilt es den eigenen Staat in allen Einzelheiten aufzubauen:

"Was die Führerscheine betrifft, so müssen auch die geändert werden. Die Bestehenden bleiben aber gültig, da gibt es keine Fristen. An den neuen Pässen wird gearbeitet, die wird es bald geben. Bei den Dokumenten, werden die Stempel geändert. Die ersten Schritte laufen planmäßig."

Um Normalität zu demonstrieren, läd der Pressesprecher die Journalisten zur Besichtigung der Verwaltung ein. Die meisten Beamten würden normal weiter arbeiten; die, die den neuen Herrn nicht dienen wollten, hätten bereits ihren Hut genommen. Dass die Wahl zum ukrainischen Präsidenten Ende Mai in Lugansk nicht stattfinden soll, steht für die neue Führung außer Zweifel.

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