× Logo Mobil

Russland und die Krise in der Ukraine

Sonstiges
ZiB2
Berichte Ukraine
Vier Wochen trenne die Ukraine noch von der vorgezogenen Präsidentenwahl, die durch den Sturz von Amtsinhaber Viktor Janukowitsch notwendig wurden. Doch im Osten und Süden der Ukraine kommt es nach wie vor zu Zusammenstößen zwischen prorussischen und proukrainischen Demonstranten. Ob in diesen Regionen reguläre Wahlen möglich sein werden, bleibt ebenso abzuwarten wie die Reaktion Moskaus auf diese Wahlen. Leonid Petrowitsch Reschnikow, ein hochrangiger ehemaliger sowjetischer Spion, glaubt nicht daran, dass Russland die Wahlen anerkennen wird. Reschnikow wurde im April 2009 vom damaligen Präsidenten Medwedew zum Direktor des Instituts für strategische Studien in Moskau ernannt. Mit ihm hat in Belgrad unser Korrespondent Christian Wehrschütz über die Krise in der Ukraine und ihre mögliche Lösung gesprochen

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Serbien

Inserts: Leonid Reschetnikow, Direktor des Instituts für strategische Studien in Moskau

Gesamtlänge: 2’27

In Donezk und anderen Städten der Ostukraine kommt es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen proukrainischen und prorussischen Demonstranten. Welche Gruppe tatsächlich die Mehrheit der Bevölkerung vertritt, ist offen. Keinen Zweifel hegt der ehemalige Generalleutnant der sowjetischen Auslandsspionage, Leonid Reschetnikow, der jüngst in Belgrad sein neuestes Buch präsentierte und selbst familiäre Wurzeln in der Ostukraine hat:

„Die Bevölkerung der Bezirke Donezk und Lugansk ist zu etwa 70 Prozent für die Trennung von Kiew. Auch in Charkow ist die Mehrheit für die Loslösung. Sie wollen nicht mit der nationalistischen Regierung leben. Ich glaube, sie werden ihr Ziel erreichen, und eine Volksrepublik von Donezk ausrufen, losgelöst von Kiew und der Ukraine. Es wird auch zum Referendum über die Loslösung kommen, und zwar in den kommenden zwei, drei Wochen.“

Russland strebe nicht nach dem Anschluss, sondern nach einem Autonomiestatus für die Ostukraine:

„Der einzige Ausweg aus der Krise ist die Föderalisierung der Ukraine, sonst wird sie zerfallen. Wir sind gegen ihre Spaltung, doch sie muss föderal werden wie Russland oder die USA. Das heißt die Schaffung einer Autonomie, damit die Regionen das Recht haben, die nationalen, sprachlichen und wirtschaftlichen Interessen ihrer Bürger zu schützen. Doch Kiew ist ebenso gegen die Föderalisierung wie die USA.“

Denn das ukrainische Parlament fürchtet den völligen Machtverlust in der Ostukraine und sieht in einem Autonomiestatus nur die Vorstufe zur Abspaltung. Anderseits ist es Kiew aber auch vier Wochen vor der Präsidentenwahl noch immer nicht gelungen, die Ostukraine unter seine Kontrolle zu bringen:

„Ich nehme an, dass Moskau in dieser Lage die Präsidentenwahl nicht als legitim anerkennen wird. Sie wird nicht legitim sein, weil der Osten nicht wählen wird; in Lugansk, Donezk, in Charkow wird es einen starken Boykott geben. Das wird nur ein Präsident der Zentral- und Westukraine sein.“

Die Gefahr ist somit groß, dass die Ukraine auch nach der Wahl ein Krisenherd bleibt, zumal Reschetnikow davon ausgeht, dass westliche Sanktionen Präsident Vladimir Putin nicht zu einer Wende in seiner Ukraine-Politik veranlassen werden.

Facebook Facebook