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Slowenien nach der Wahl

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Kleine Zeitung
Berichte Slowenien

In Slowenien wird es nach der gestrigen Parlamentswahl zu einem Machtwechsel kommen. Neuer Regierungschef wird der politische Quereinsteiger Robert Golob mit seiner Liste „Freiheitsbewegung“; sie gewann bei ihrem ersten Antreten mit 35 Prozent und 40 Sitzen eine klare relative Mehrheit im Parlament, das 90 Sitze zählt; mit zwei Kleinparteien kann Golob eine Regierung mit klarer absoluter Mehrheit bilden; Ministerpräsident Janez Jansa und seine Partei gewannen zwar zwei Mandate hinzu, doch es fehlen die Koalitionspartner für eine absolute Mehrheit im Parlament; auch das zeigt, nach Ansicht von slowenischen Politologen, dass die Führung Sloweniens nach dem Muster von Ungarn nicht funktioniert; denn die Wahl war wohl mehr ein Votum gegen Janes Jansa als für die neue Freiheitsbewegung.

Dass die Parlamentswahl in Slowenien gestern zum politischen Erdrutsch führte, hat auch mit der Wahlbeteiligung zu tun, die mit 62 Prozent höher war als vor vier Jahren. Denn diese höhere Wahlbeteiligung reduzierte einerseits die Bedeutung der Stammwählerschaft von Ministerpräsident Janez Jansa; andererseits wurde es für Kleinparteien schwieriger, die Stimmenanzahl zu erreichen, die für das Überspringen der Vier-Prozent-Hürde und damit den Einzug ins Parlament nötig ist. An dieser Hürde scheiterten knapp drei Kleinparteien, die als potenzielle Koalitionspartner der Freiheitsbewegung galten, aber auch Kleinparteien, die bisher mit Janez Jansa die Regierung bildeten. Statt bisher acht sind nun nur mehr fünf Parteien im Parlament vertreten, wobei der Sieg, den Robert Golob einfahren konnte, der höchste in der Geschichte des unabhängigen Slowenien ist. Relativ stärkste Kraft wurde mit der Freiheitsbewegung eine Liste, die erst seit wenigen Monaten besteht; ihr Vorsitzender Robert Golob ist wegen seiner Corona-Erkrankung noch in Selbstisolation; daher konnte er bei der Siegesfeier nur online anwesend sein und sagte:

„Wir hatten seit zwanzig Jahren keine solche Wahlbeteiligung mehr, und das sagt alles. Es sagt Ihnen, dass die Menschen wirklich Veränderungen wollen, und die Menschen vertrauen uns als den Einzigen, die diese Veränderungen herbeiführen können“

Seine beiden voraussichtlichen Koalitionspartner sind die Sozialdemokraten mit sieben Sitzen und die Linke mit fünf Mandaten. Als Außenministerin im Gespräch ist Tanja Fajon, die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten. Sie kündigt bereit die erwarteten Kurswechsel an:

„Wir wollen, dass Slowenien in der Außenpolitik zu den Staaten mit einer gesunden Demokratie in Europa zurückkehrt. Denn in der Zeit der Regierung von Janez Jansa hatten wir Verbündete, die problematische Staaten waren wie etwa den ungarischen und den polnischen Ministerpräsidenten."

Schwieriger werden könnte auch das Verhältnis zwischen Slowenien und Kroatien; Janez Jansa und Andrej Plenkovic gehörten derselben konservativen Parteienfamilie an; beide suchten in aller Stille eine Lösung für den Streit um die Bucht von Piran, während Tanja Fajon öffentlich gegen die Teilnahme von Kroatien am EU-Schengen-System auftrat. Wie sehr die Sozialdemokraten mit sieben Sitzen den Regierungskurs prägen können, bleibt abzuwarten; sie wollen jedenfalls ein stabiler Partner in einer Regierung mit der Freiheitsbewegung sein; ihr innerer Zusammenhalt wird sehr wichtig dafür sein, ob Slowenien politisch stabiler wird, betont in Laibach der Politologe Miha Kovac:

"Die "Freiheitsbewegung" ist die große Unbekannte in diesem Moment. Wier wissen nicht, welche Personen nun ins Parlament kommen, wie sich diese Abgeordneten verhalten werden. Wir werden auch erst sehen, ob Robert Golob auch die Technik der politischen Vereinbarungen beherrscht; das sind alles sehr große Unbekannte."

Denn in Slowenien sind schon viele politische Heilsbringer nach ein zwei Jahren gescheitert; darauf verwies auch Ministerpräsident und SDS-Vorsitzender Janez Jansa, dessen Partei sogar zwei Mandate dazugewann:

"Wir haben schon allerlei erlebt; wir haben schon Wahlen verloren, und dann wurden wir gebeten, die Regierung zu bilden. Oder wir haben bei Wahlen gewonnen, konnten aber keine Regierung bilden. Das taten andere, scheiterten aber, und wiederum mussten wir Slowenien retten als die Corona-Pandemie begann."

Zweifellos wird Janez Jansa nun in die Opposition gehen müssen; doch ob damit auch bereits seine politischen Totenglocken geläutet haben, werden erst die kommenden Jahre zeigen.

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