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WEstbalkan Gipfel in Brdo

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Kleine Zeitung
Berichte Slowenien

Wenn Engel reisen, weint der Himmel, lautet ein Sprichwort; ob Engel auch bei dem EU-Gipfel in welcher Form auch immer anwesend waren, ist natürlich nicht festzustellen. Fest steht aber, dass es den ganzen Tag in Brdo, 20 Kilomer nordwestlich von Laibach, in Strömen regnete. Doch auch Engelszungen hätten beim EU-Gipfel gestern nicht ein konkretes Datum für den Beginn von Beitrittsgesprächen mit Albanien und Nordmazedonien erreichen können. Zu groß ist der Widerstand einzelner EU-Mitglieder. Positiv wertet Bundeskanzler Sebastian Kurz daher, dass der Gipfel, der dritte seit 2018, überhaupt wieder stattgefunden hat: "Es ist leider Gottes wieder nicht möglich in der Europäischen Union sich hier auf einen genauen Zeitplan zu einigen; aber ich bin froh, dass zumindest alle übereinstimmen, dass es eine europäische Perspektive für den Balkan braucht."

Hinzu kommt, dass Bulgarien aus bilateralen Gründen die Aufnahme von Verhandlungen mit Nord-Mazedonien blockiert; Bulgarien ist innenpolitisch instabil, daher ist ein Kompromiss derzeit kaum möglich, kommentiert der kroatische Ministerpräsident Andreja Plenkovic diese Blockadepolitik:

"Das ist weder gerecht noch gut. Wir unterstützen Nordmazedonien, doch ob es eine Perspektive vor der Parlamentswahl in Bulgarien am 14. November geben wird, können auch Sie als sehr erfahrener Journalisten beurteilen."

Offen ist, wie diese Perspektive danach aussieht, denn es gibt wohl auch deklarierte Erweiterungsgegner, denen die Haltung Sofias nicht ungelegen kommt. Die Gegensätze unter den EU-Mitgliedern in der Erweiterungsfrage zeigen sich auch in der Gipfelerklärung. Immerhin erreichten die Länder, die für die Aufnahme des Westbalkan sind, dass sich die EU in ihrer Gipfelerklärung zur Erweiterung bekennt, die natürlich an erfolgreiche Reformen, an Rechtsstaat und Medienfreiheit geknüpft ist,; doch wörtlich heißt es auch:

„Wir erinnern auch daran, wie wichtig es ist, dass die EU ihre eigene Entwicklung aufrechterhalten und vertiefen und ihre Fähigkeit zur Integration neuer Mitglieder sicherstellen kann.“

Gemeint ist damit, ob die EU in die Lage versetzt wird, durch innere Reformen, neue Mitglieder aufzunehmen, und trotzdem handlungsfähig zu bleiben. Diese Debatte über Erweiterung versus/und Vertiefung ist alt, und wohl auch ein etwas künstlicher Gegensatz. Denn seit acht Jahren verhandelt die EU mit Montenegro und Serbien und diese Zeit hätten die EU-Mitglieder wohl auch nutzen können, um ihre Organisation handlungsfähiger zu machen. Außerdem geht es derzeit nicht um den Beitritt, sondern um den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien, wobei eine zeitliche Perspektive völlig offen ist. Die Durchhalteparole der EU an den Westbalkan formulierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Beginn des Gipfels so:

„Meine Botschaft an den Westbalkan ist: Wir möchten euch in der EU haben; jetzt Kurs halten, nicht aufgeben, weitermachen, Das Ziel ist vor den Augen.“

Offen ist, ob eine Lesebrille oder ein Teleskop von Nöten ist, um dieses „Ziel vor Augen“ zu sehen. Trotzdem war dieser Gipfel für die sechs Staaten des Westbalkan wichtig, weil sie damit im Zentrum der Aufmerksamkeit der EU-Mitglieder stehen und wegen der vielen bilateralen Treffen, die dabei auch abgehalten werden. Schließlich höhlt steter Tropfen auch den Stein, und die EU ist der wichtigste Partner des Westbalkan von der Wirtschaft bis zur Modernisierung dieser Länder.

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