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Hängepartie EU Balkan geht weiter

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Berichte Slowenien

In Slowenien beginnt heute der Westbalkan-Gipfel der EU. Neben alle Mitgliedsstaaten werden auch die Spitzenpolitiker der sogenannten Westbalkan-Staaten anwesend sein, die alle einen Beitritt zur EU anstreben; es sind dies der Kosovo, Bosnien und Herzegowina sowie Nord-Mazedonien, Albanien, Serbien und Montenegro. Der Tag des Gipfels fällt fast ein historischen Datum, denn gestern vor 21 Jahren stürzte in Belgrad der serbische Autokrat Slobodan Milosevic durch eine Revolution, die keine Menschenleben forderte. Groß war damals die Hoffnung auf eine zügige Europäisierung des Balkan, zumal die EU im Jahre 2003 bei ihrem Gipfel in Thessaloniki die Beitrittsperspektive für die Balkan-Staaten festschrieb. Doch nach der großen Erweiterungsrunde im Jahre 2004, bei der auch Slowenien aufgenommen wurde, schaffte nur mehr Kroatien im Jahre 2013 den Beitritt.

Seit Kroatien sind nun wiederum acht Jahre vergangen, doch in der Realität sind die sechs Staaten des Westbalkan Brüssel nur um wenige Schritte näher gerückt, obwohl auch auf diesem Weg große Unterschiede zwischen den sechs Ländern bestehen. Die absoluten Nachzügler sind der Kosovo, dessen Unabhängigkeit sogar fünf EU-Staaten nicht anerkannt haben sowie Bosnien und Herzegowina; das Land der Bosniaken, Serben und Kroaten ist gespalten, politische Entscheidungen fallen im Schneckentempo, und so hat Bosnien noch nicht einmal des Status einen EU-Beitrittskandidaten. Albanien und Nord-Mazedonien warten dagegen auf ein konkretes Datum für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen. Besonders übel haben die EU und ihre Mitglieder Nord-Mazedonien mitgespielt. Zunächst blockierte Griechenland wegen des Namensstreits mehr als 10 Jahre den Beginn von Beitrittsgesprächen; als Mazedonien schließlich seinen Namen änderte, brachen die EU-Staaten ihr Wort und nun blockiert Bulgarien ebenfalls aus bilateralen Gründen den Beginn der Gespräche, wobei es durchaus eine relevante Zahl an EU-Staaten gibt, denen diese Blockade durchaus nicht unwillkommen ist.

Am weitesten fortgeschritten auf dem Weg Richtung EU sind Montenegro und Serbien; mit beiden Ländern verhandelt Brüssel bereits seit acht Jahren. Während Serbien auch durch das Kosovo-Problem gebremst wird, ist es formell bei Montenegro vor allem der Kampf gegen Korruption, Organisierte Kriminalität und für eine unabhängige Justiz; die Bilanz nach acht Jahren ist jedenfalls äußerst bescheiden: Den Grund für das Schneckentempo sieht in Podgorica Außenminister Djordje Radulovic auch in den klaren Bedingungen aus Brüssel: "Obwohl die EU intern bereit ist, eine bestimmte Anzahl von Kapiteln zu schließen, kann das nicht geschehen ohne einen spürbaren Fortschritt bei den Kapiteln 23 und 24, das sind Justiz und Rechtsstaat sowie Grundrechte. Ich glaube, dass die neue Methodologie eine neue Perspektive bieten kann, weil es nicht mehr nur um technische Voraussetzungen geht, um ein Kapitel vorläufig abzuschließen. Jetzt gibt es auch einen politischen Aspekt der Erweiterung. Ich glaube, dass wir noch bis zum Ende des Mandats dieser EU-Kommission unsere Hausaufgaben abschließen können."

Das hieße einen Verhandlungsabschluss im Jahre 2024, ein eher utopisch anmutendes Datum. Djordje Radulovic ist seit Dezember Außenminister und zwar in der ersten Regierung seit 30 Jahren, die nicht die Partei des amtierenden Staatspräsidenten Milo Djukanovic stellt. Zwar verlief der Machtwechsel friedlich, doch viele Experten für die EU kehrten der neuen Regierung den Rücken. Hinzu kommt, dass eine Entpolitisierung der Justiz und ein kompromissloser Kampf gegen Korruption und Organisierte Kriminalität auch der neuen Regierung bisher nicht wirklich gelungen sind. Möglicherweise wirkt auch der Verhandlungsmodus nicht gerade motivierend, den der Außenminister beschrieben hat; denn je mehr Kapitel geschlossen wären, desto größer würde wohl der Druck der Bevölkerung sein, auch endlich die Entpolitisierung der Justiz umzusetzen. Zweifellos demotivierend wirkt die Erweiterungsmüdigkeit in der EU, die Staatspräsident Milo Djukanovic so bewertet: "Eine Politik der EU-Erweiterung am Westbalkan gibt es bereits einige Jahre nicht mehr. Falsch ist die Feststellung, dass es diese Politik deshalb nicht gibt, weil es keine Reformen am Westbalkan gibt. Vielmehr ist es so, dass die Reformen aufgegeben wurden, weil es keine Politik der Erweiterung gibt. Daher ist es sehr wichtig, dass die EU mit einer Erweiterungspolitik die Reformkräfte unterstützt, damit sie die Reformen beschleunigen und die Voraussetzungen für eine EU-Vollmitgliedschaft schaffen."

Diese klare Unterstützung wird auch der EU-Gipfel in Slowenien nicht bringen. Hinzu kommt, dass auch nach einem Verhandlungsabschluss ein Beitritt an einem Referendum in einem der erweiterungsmüden EU-Länder scheitern könnte. Der Weg nach Brüssel wird nicht nur für Montenegro noch weit und steinig sein. Bei allen Gegensätzen unter den sechs Staaten des Westbalkan eint sie jedenfalls ein Gefühl - die Frustration über die Haltung der EU, die trotz viel Geldes bei der Modernisierung dieser Staaten aus Brüssel in diesen Ländern deutlich spürbar ist.

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