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Gespaltenes Slowenien übernimmt EU-Präsidentschaft

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Berichte Slowenien

Slowenien übernimmt heute die Präsidentschaft in der EU. Laibach hat sich vier Prioritäten gesetzt; so soll die EU auch als Lehre aus der COVID-Krise selbständiger und krisenfester werden. Außerdem sollen die Digitalisierung und die Cyber-Sicherheit gestärkt werden. Das Motto Sloweniens lautet: Gemeinsam. Widerstandsfähig.Europa. – ein Wahlspruch den das Land innenpolitisch nicht wirklich erfüllt. Denn politisch ist Slowenien sehr polarisiert, zwischen einer zersplitterten linken Opposition und dem konservativen Ministerpräsidenten Janez Jansa, der seit mehr als einem Jahr nun eine Minderheitsregierung führt, die bereits zwei Mißtrauensanträge der Opposition überstanden hat. Über die Lage in Slowenien berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Sechs Tage vor der Übernahme der EU-Präsidentschaft, feierte Slowenien den 30. Jahrestag seiner Unabhängigkeit, und selbst diese Feier wurde zu einem Symbol für die politische Polarisierung des Landes. Denn die politische Linke veranstaltete in Laibach eine alternative Unabhängigkeitsfeier. Die Linke wirft dem konservativen Regierungschef Janes Jansa Druck auf die Medien, die politische Umfärbung von Justiz und Polizei vor; hinzu kommt Jansas fatale Hingabe zu Twitter sowie das Fehlen einer politischen Beißhemmung, die in Slowenien aber nicht nur auf den Regierungschef beschränkt ist. Dazu sagt der eher dem linken Lager angehörende Politologe Alem Maksuti:

"Jeden, der Janez Jansas Verhalten analysiert brandmarkt er als Verräter, als Anti-Slowenen, als Gauner und so weiter. Das ist alarmierend bei einem Politiker, der Regierungschef ist. Seine Art der Diskussion und der Kommunikation spricht dafür, was er für ein Politiker wurde. Jansa versucht seinen Wählern die Verschwörungstheorie weis zu machen, dass ein sogenannten "Tiefer Staat" im Hintergrund ihn vernichten wolle, dass er ein Opfer ist, der am meisten für das slowenische Volk gegeben hat uns so weiter."

Während Janez Jansa ein dankbares Feindbild ist, ist die Schwäche der Linken, ihre Zersplitterung und ihr Scheitern hausgemacht. Bereits drei Mal traten vor Wahlen linke Hoffnungsträger gegen Jansa an – der Laibacher Bürgermeister Zoran Jankovic, der Universitätsprofessor Miro Cerar sowie der Bürgermeister von Kamnik Marjan Sarec ; sie alle siegten und scheiterten nach danach kläglich. Diese Schwäche der Linken bewertet Alem Maksuti so:

"Das sind Parteien, die sich um eine Person bilden und von dieser Führungsfigur abhängen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt bieten sie eine Alternative zu Janez Jansa und den gesellschaftlichen Problemen. Dann bekommen diese Parteien, die relative Mehrheit. Doch dann zeigen sich alle Probleme dieser Parteien, wie das Fehlen einer klaren Ideologie und einer regionalen Infrastruktur, und bereits drei Mal sind derartige Parteien gescheitert.“

Die Schwäche der Linken ist somit auch Jansas Stärke, der bei Wahlen nie mehr als 30 Prozent der Stimmen erreichte und nun im Parlament mit seinen 90 Abgeordneten 26 Mandate hat. Von einer Machtergreifung kann somit keine Rede sein, zumal Jansa bisher - alle drei Amtszeiten zusammengenommen – nur etwa acht Jahre Regierungschef war. Dazu sagt der konservative Politologe Marko Balazic:

"In den 30 Jahren unabhängiges Slowenien hat 22 Jahre lang die Linke die Regeln festgelegt, und jetzt wird versucht, die Sache ins Gleichgewicht zu bringen. Man muss verstehen, dass in Slowenien die Kontinuität nie unterbrochen wurde, und dass bei den Medien immer zum Teil ein Einfluss von Links besteht. Janez Jansa hat es sich zur Aufgabe gemacht, das zu ändern, doch die Art, in der das begonnen wurde, ist nicht die beste, und da hat Jansa auch bestimmte Fehler gemacht, die man nicht hätte machen sollen.."

Wahrscheinlich ist, dass Jansas Minderheitsregierung bis zum Ende der EU-Präsidentschaft im Amt bleibt, doch eine Garantie dafür gibt es nicht.

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