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Slowenien und die Probleme seiner Grenzsicherung

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Berichte Slowenien
In Slowenien lässt der Andrang von Flüchtlingen und Migranten bisher nicht nach. Binnen 12 Tagen zogen 103.000 Menschen durch das zwei Millionen Einwohner zählende Land, das sind mehr als 9.000 pro Tag und entspricht insgesamt fünf Prozent der Bevölkerung. Bis heute sechs Uhr früh kamen bereits wieder mehr als 5.300. In Slowenien mehren sich auch in der Regierung die Stimmen, die die Grenze zu Kroatien wenigstens an bestimmten Stellen mit Zäunen und Absperrung schützen wollen. Davon sprach gestern auch Regierungschef Mirko Cerar; doch wie wirksam könnte Slowenien seine Grenze schützen, wie groß wäre diese Herausforderung für das kleine Land. Darüber hat in Laibach unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit einem Sicherheitsexperten gesprochen; hier sein Bericht:

Die slowenisch-kroatische Grenze ist etwa 670 Kilometer lang. Ein Teil ist unwegsam wie der Gottscheer Hornwald oder wie jene Abschnitte, die die Flüsse Mur und Drau bilden. Wirklich zu sperren und zu überwachen hätte Slowenien nach Ansicht des Sicherheitsexperten Klemen Groselj etwa 300 Kilometer; diese Aufgabe könnte Slowenien bewältigen, obwohl die Herausforderung groß wäre, betont Klemen Groselj:

„Slowenien hat 8.000 Polizisten und 7.500 Soldaten. Das ist die Ausgangsbasis an Kräften, die die Absperrungen oder Zäune schützen müssten. Das heißt, dass Slowenien in der ersten Phase mit enormen Anstrengungen und Kombination beider Kräfte, diese 300 Kilometer sichern könnte. Die Konzentration der Kräfte wäre natürlich je nach Migrationsdruck unterschiedlich. Von den 7.500 Soldaten müssten etwa 3.000 eingesetzt werden, weil man davon ausgeht, dass etwa fünf Mann auf einen Kilometer kommen. Dazu brauchte Slowenien langfristig zusätzliche Kräfte, dazu gehörte dann auch die Einberufung von Reservisten.“

Diese Einberufung würde natürlich zusätzliche Kosten verursachen, weil die Reservisten dann ihren Firmen und Betrieben fehlen. Doch eine völlige Sperre der grünen Grenze nach dem Beispiel Ungarns plant die Regierung in Laibach derzeit ohnehin nicht; vielmehr sollen die zwei Brennpunkte, die Grenzübergänge Obrezje und Sredisce ob Dravi und ihr Angelände wirksamer geschützt werden, sollte der Massenansturm nicht nachlassen. Doch hat Slowenien dazu überhaupt ausreichend Zäune und Absperrung? Dazu sagt Groselj:

„Eine bestimmte Menge haben die Streitkräfte sicher, um an den Grenzübergängen, die heute bereits Brennpunkte sind, Zäune oder Absperrungen aufzubauen. Weiter könnte die Regierung mit besonderem Beschluss des Parlaments von Baufirmen verlangen, mit dem Bau zu beginnen, und das könnte dann schnell gehen. Die Schlüsselfrage ist, wie viele Zäune Slowenien derzeit wirklich hat; für einen kleineren Teil der Grenze vielleicht, doch für einen größeren Teil fehlen derartigen Absperrung sicherlich.“

Hinzu kommt, dass die gut erschlossene Grüne Grenze viele alternative Wege bietet, die via Internet nicht schwer zu finden seien, ergänzt der slowenische Sicherheitsexperte:

„Das größere Problem würde entstehen, wenn sich diese Flüchtlingsströme verschiedene kleinere, lokale Wege suchen sollten. Denn das Problem der Grenze liegt nicht nur darin, dass sie lange und gefurcht ist, sondern darin, dass sie recht einfach passierbar ist. Es gibt viele lokale Straßen und Waldwege, das ist eine ziemlich entwickelte Gegend, schließlich war das einmal ein gemeinsamer Staat. Diese Wege und Straßen könnten kleinere Gruppen immer nutzen, gerade in der ersten Phase, in der Slowenien die Hauptkommunikationslinien schließen sollte.“  

Trotz aller Herausforderungen geht Klemen Groselj davon aus, dass die Regierung in Laibach mit ihrer Entscheidung über eine allfällige Verschärfung des Grenzregimes nicht mehr lange zuwarten wird.

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