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Vom Musterschüler zum Euro-Rettungsschirm

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Kleine Zeitung
Berichte Slowenien
Im Herbst 2008 wurde auch Slowenien von der internationalen Wirtschaftskrise voll erwischt. Die Wirtschaftsleistung sank um acht Prozent, das war nach den drei baltischen Staaten der stärkste Rückgang in der EU. Lag das Budgetdefizit 2007 noch bei null, betrug es im Jahre 2010 5.8 Prozent und die Arbeitslosigkeit stieg auf 8 Prozent. Die rasante Talfahrt des einstigen Musterschülers hat auch mit der starken Abhängigkeit slowenischer Zulieferbetriebe von den Märkten im Ausland zu tun. Doch das ist nur ein Teil des Problems, das in Slowenien auch daran besteht, dass Reformen durch Volksabstimmungen leicht zu Fall gebracht werden können. Daran scheiterte auch die Pensionsreform, und zwar bei einer Volksabstimmung im Juni 2011. Diese Niederlage führte schließlich zum Sturz der Mitte-Links-Regierung unter Führung des Sozialdemokraten Borut Pahor und zu vorgezogenen Neuwahlen im Herbst vergangenen Jahres. Die Wahlen brachten zunächst nur unklare Mehrheitsverhältnisse, doch schließlich gelang es Pahors Amtsvorgänger, dem konservativen Politiker Janez Jansa, eine Mitte- Rechts-Regierung zu bilden. Den Grundstein zur tiefen Krise in Slowenien legte Janez Jansa bereits in seiner ersten Amtszeit; seine Versäumnisse fasst der Dekan der Wirtschaftsfakultät an der Universität Laibach, Dusan Mramor so zusammen:

„Von 2004 bis 2008, das heißt bis zum eigentlichen Beginn der Krise, erhöhte Slowenien seine Auslandsverschuldung um 160 Prozent. Das war eines der Schlüsselprobleme; als es zur Verknappung der Kredite kam, konnte die Wirtschaft keine Darlehen mehr von den Banken bekommen, weil diese ihre Kredite aus dem Ausland refinanzieren mussten, und das war wegen der Kreditverknappung auf dem Weltmarkt nicht mehr möglich. So verminderten die Banken die Finanzierung der Wirtschaft, wie das auch heute noch der Fall ist.“

Die Staatsverschuldung liegt in Slowenien zwar noch immer unter 50 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung; ihr Wachstum war in den vergangenen Jahren aber besorgniserregend schnell. Doch nicht nur aus diesem Grund haben internationale Ratingagenturen Sloweniens Bonität herabgestuft; Grund dafür sind auch versäumte Strukturreformen, vom Arbeitsmarkt über den Gesundheitssektor bis hin zum Pensionssystem. Ein erster Schritt zur Eindämmung der Neuverschuldung gelang der Regierung unter Janez Jansa jedoch Ende Mai. Unter großen Mühen wurde ein Sparpaket bei den Gewerkschaften durchgebracht, um das Budgetdefizit von 6,4 Prozent im Jahre 2011 auf 3 Prozent im Jahre 2013 zu senken. Doch damit ist Slowenien noch keineswegs aus dem Schneider. So rechnen Experten für heuer mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 1,5 Prozent, und die Arbeitslosigkeit dürfte auf 8,8 Prozent leicht steigen; obwohl die Arbeitslosenquote im Juni gegenüber dem Mai leicht rückläufig war, waren mehr als 100.000 der zwei Millionen Slowenen erwerbslos.

Fraglich ist jedenfalls, ob das Sparziel der Regierung erreichbar sein wird, weil die Wirtschaftsentwicklung schlechter ausfallen dürfte als prognostiziert, schätzen Experten des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche. Wesentlich für die Erholung der slowenischen Wirtschaft dürften drei Faktoren sein: die Krise der Eurozone, die Entwicklung der Rohstoffpreise und die Fähigkeit schmerzliche Reformen umzusetzen. Dabei hat Slowenien mit großen Problemen zu kämpfen. So soll etwa in der Bauindustrie nach Schätzungen der Nationalbank in Laibach die Hälfte aller Kredite zunächst uneinbringlich sein, während insgesamt fast jeder fünfte Bankkredit notleidend sein dürfte. Das trifft auch den Staat selbst, der mit 48 Prozent größter Anteilseigner der NLB, der Nova Ljubljanksa Banka ist. Bei der zweitgrößten Bank Sloweniens, der NKBM, der Nova Kreditna Banka Maribor hält der Staat mehr als die Hälfte des Kapitals: Die NKBM will sich durch den Verkauf der Versicherung Zavarovalnica Triglav frisches Geld besorgen, eine finanzielle Unterstützung der Bank schloss die Regierung (vorerst) aus. Bei der NLB musste der Staat jedoch eingreifen; Um die strengeren Eigenkapitalvorschriften zu erfüllen musste die Regierung eine Rekapitalisierung der NLB um Ausmaß von mehr als 380 Millionen Euro Anfang der Woche selbst durchführen. Diese geschah durch die Umwandlung von Einlagen in sogenanntes Hybrid-Kapital. Ob die Bank weitere Staatshilfen benötigen wird, hängt von der Lage der Wirtschaft ab, wird aber auch eine Prüfung der Bank durch internationale Experten zeigen, deren Ergebnis eigentlich bereits vorliegen sollte. Der Kapitalbedarf für die Sanierung des slowenischen Bankensektors wird jedenfalls auf drei bis fünf Milliarden Euro geschätzt.

In Slowenien gibt es etwas mehr als 20 Banken mit einer Bilanzsumme von insgesamt 50 Milliarden Euro. Davon entfallen etwa 20 Milliarden auf die NLB, die Nova Ljubljanska Banka, die die größte Bank des Landes ist. Dominiert wird der Bankensektor durch Banken, die in vielen Fällen im Einfluss des Staates stehen; gemessen an der Finanzkraft entfallen auf ausländische Banken nur etwa 30 Prozent, wobei unter den Ausländern Banken aus Österreich vorherrschend sind. Sie wären von einer umfassenden Bankenkrise in Slowenien jedenfalls indirekt betroffen, und zwar vor allem dann, wenn die Bevölkerung das Vertrauen in die Banken verlieren sollte. Einer der wesentlichen Gründe für die Krise der NLB liegt darin, dass sie eine wichtige Rolle bei der Privatisierung von Betrieben spielte, die sich ehemalige Manager oder Tycoons aneigneten. Die Finanzierung dieser Geschäfte erfolgte oft ohne ausreichende Sicherheiten, und als dann 2008 die Finanzkrise ausbrach schlitterten nicht nur diese Tycoons sondern auch die Bank in die Krise. Schlagend wurde sie nun, weil, der Minderheitenaktionär der NLB, die belgische KBC, selbst Hilfe in Anspruch nehmen musste und die Rekapitalisierung der NLB nicht durchführen konnte.

Fraglich ist jedoch, ob die Mitte-Rechts-Regierung im Falle des Falles wirklich noch frisches Geld für den Bankensektor in die Hand nehmen kann, sollte dies nötig sein. Denn Geld ist knapp in Slowenien, Die Armut steigt, und Bankenhilfe ist zweifellos bei der Bevölkerung nicht populär. Daher wird Geld für Banken aus dem Euro-Rettungsschirm wohl allen Dementis zum Trotz bis auf weiteres eine Option in Slowenien bleiben.

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