Kampagne mit wenig Information für Volksabstimmung
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Ob diese Botschaft überzeugt, bleibt offen. Sicher ist, dass die Kampagne inhaltlich weder professionell noch ausgewogen ist. Ein Grund dafür sind Parlamentswahl und Machtwechsel im Dezember. Die alte konservative Regierung unter Jadranka Kosor wusste bereits beim Abschluss der Beitrittsverhandlungen im Sommer um die unvermeidbare Niederlage. Eine ernsthafte Kampagne wurde bis Dezember nicht auf die Beine gestellt, während die neue Mitte-Links-Koalition nicht bereit war, das Referendum zu verschieben. Hinzu kommt, dass Regierung und Opposition und auch die katholische Amtskirche einmütig für den Beitritt sind; organisierte, schlagkräftige (nationalistische) EU-Gegner gibt es nicht, auch nicht im Parlament, in dem nur einige der 151 Abgeordneten gegen den Beitritt sind. Außerdem stellt die Regierung den Gegnern auch kein Geld für eine eigene Kampagne zur Verfügung.
Schmalhans dominiert auch bei der inhaltlichen Debatte. Eine Gegenüberstellung von Ausgangsposition und Verhandlungsergebnis fehlt, und Hinweise auf Informationen im Internet bleiben fragwürdig angesichts eines eher geringen Bildungsgrades der Bevölkerung. Im Gegensatz zur politischen Elite sind nach Umfragen um die 40 Prozent der Kroaten EU-Gegner oder EU-Skeptiker. Sie haben (noch) keine politische Vertretung, werden aber nach Ansicht von Meinungsforschern durch die eindimensionale Kampagne eher mobilisiert, die auch Kroaten stört, die an sich nicht gegen den Beitritt sind. Den Zorn eines dieser Gegner bekam die neue, liberale Außenministerin Vesna Pusic in der Hafenstadt Rijeka zu spüren. Dem Aufruf von Pusics Koalitionspartner, den dominierenden Sozialdemokraten, folgten zur Versammlung in Rijeka, das sozialdemokratisch regiert wird und 150.000 Einwohner zählt, etwa 150 vorwiegend ältere Personen. Ehe die 58-jährige Außenministerin mit ihrem Vortrag beginnen konnte, störte ein jugendlicher EU-Gegner die Veranstaltung und war Pusic vor, die Zukunft der Jugend zu zerstören und Kroatien nun in den „Kerker und Schmelztiegel des kroatischen Volkes“ zu führen
Pusic blieb gelassen und bezeichnete den Ausfall auch als Beweis dafür, wie gering die Bereitschaft mancher sei, sich entsprechend zu informieren. Schließlich gehe es um den EU-Beitritt und nicht um den Beitritt zur Euro-Zone. Doch natürlich ist auch die Wirtschaft ein zentrales Argument für den Beitritt; bei einem Nein dürfte die Herabstufung Kroatiens durch die Rating-Agenturen auf Raschstatus praktisch unvermeidlich sein; anderseits kann Kroatien im Falle des Beitritts am 1. Juli 2013 bereits in den ersten sechs Monaten mit 630 Millionen Euro aus Brüssel rechnen, wenn seine Beamten und Bürger bis dahin in der Lage sein werden, Projekte den EU-Vorschriften entsprechend einzureichen. Doch Pusic sieht in der EU auch einen politischen Stabilitätsanker. Daher erinnert sie ihre Zuhörer in Riejka auch daran, dass der jüngste Krieg erst 15 Jahre zurückliegt. Ihre Tochter sei jedenfalls die fünfte Generation in ihrer Familie, die zwar in derselben Stadt geboren aber niemals noch im selben Staat geboren wie auch gestorben sei. Während unter der jungen Bevölkerung die EU-Skepsis offenbar stärker ist, sehen vor allem viele ältere Kroaten im Beitritt eine Rückkehr nach Europa und die unwiderrufliche Abkehr von Jugoslawien. Diese Argumente dürften am Sonntag ebenfalls ziehen; daher ist es wahrscheinlich, dass Kroatien das 28. Mitglied der EU sein wird, obwohl das Ja auch für viele Befürworter keine Liebesheirat mehr ist, sondern der Erkenntnis entspringt, dass es für Kroatien zur EU keine vernünftige Alternative gibt.