× Logo Mobil

Ausgelöschte in Slowenien schöpfen Hoffnung

Zeitung
Kleine Zeitung
Berichte Slowenien
Stellen Sie sich vor, Sie leben und arbeiten Jahrzehnte in einem Land, und quasi über Nacht verlieren Sie Aufenthaltsgenehmigung und alle sozialen Rechte. Dieses Schicksal traf in Ptuj, dem alten steirischen Pettau, die ehemalige Bankangestellte Mirjana Ucakar. 1953 wurde sie in Slowenien geboren, die Mutter war Slowenin, der Vater ein kroatischer Serbe. Nach der Unabhängigkeit im Jahre 1991 dachte Ucakar, dass ein Ansuchen um die Staatsbürgerschaft nicht nötig sei. Wegen dieses Irrtums wurde sie im Februar 1992 aus dem Aufenthaltsregister gelöscht. Damit verlor die Frau nicht nur ihre Aufenthaltsgenehmigung, sondern auch ihre Arbeitserlaubnis sowie Ansprüche auf Sozial- und Pensionsversicherung. Von Amts wegen verständigt, wurde Ucakar nicht; erst als sie ihren 1992 geborenen Sohn beim Standesamt melden wollte, erfuhr sie, dass sie nun illegal in Slowenien sei. Erst acht Jahre später bekam Ucakar Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis zurück, 2003 die Staatsbürgerschaft. Trotzdem belastet die Auslöschung weiter ihr Leben. Denn nach schweren Krankheiten ist Ucakar heute bereits 56 Jahre alt, und die Chancen auf Arbeit sind extrem gering.

Mirjana Ucakar ist kein Einzelfall. Mehr als 25.000 Ausgelöschte gibt es; sie alle wurden im Februar 1992 quasi rechtslos. 13.000 dürften Slowenien verlassen haben, etwa 12.00 leben im Land. Sie alle – vom Kosovo-Albaner bis zum Kroaten - sind seit Jahrzehnten in Slowenien. Über Wasser hielten sie sich nach der Auslöschung durch Schwarzarbeit, als Kleinbauern, mit Hilfe der Familie und von Freunden. Zu ihren Gunsten urteilte in Laibach der Verfassungsgerichtshof 1999 und 2003, dass die Aufenthaltsgenehmigung rückwirkende erteilt werden müsse. 4.000 entsprechende Bescheide stellte 2004 die Mitte-Links-Regierung aus, doch eine umfassende Lösung scheiterte an der konservativen Opposition unter Führung von Janez Jansa. Als Regierungschef löste Jansa in den Jahren 2004 bis 2008 das Problem der Ausgelöschten ebenfalls nicht. Sie waren immer wieder Opfer massiver populistischer Angriffe der Rechtsparteien, die ihnen vorwarfen, Slowenien ausbeuten zu wollen oder im „Unabhängigkeitskrieg“ gegen Slowenien gekämpft zu haben. Trotzdem haben die meisten der 12.000 Ausgelöschten bereits Aufenthaltsgenehmigung oder Staatsbürgerschaft. Doch erst die neue Mitte-Links-Regierung will nun das Problem wirklich lösen. Dazu zählen 3.000 Bescheide, mit denen die Aufenthaltsgenehmigung rückwirkend ab 1992 erteilt wird.

Auch Mirjana Ucakar hat diesen Bescheid jüngst erhalten. Für sie ist er eine moralische Genugtuung und eine Grundlage für weitere Ansprüche, die ihr wegen der Auslöschung verweigert wurden. Dazu zählt etwa das Recht, die eigene Wohnung zu kaufen. Doch die meisten Ausgelöschten sind eher arm, für Anwälte fehlt daher das Geld. Trotzdem sind Pauschalentschädigungen des Staates nicht in Sicht. Nach Ansicht von Goran Klemencic, Staatssekretär im Innenministerium in Laibach, sind die Ausgelöschten eine derart heterogene Gruppe, dass Entschädigung individuell eingeklagt werden müssen. Doch Klemencic sieht auch die Probleme:

„Wahr ist, dass Gerichtsverfahren lange dauern und die Entschädigung gering ist, wobei hier noch das Problem der Verjährung besteht. Trotzdem sind dafür die Gerichte zuständig und das ist unsere amtliche Haltung.“

Klemencic zählt zu jenen Politikern in Slowenien, die das Problem der Ausgelöschten trotz aller politischen Widerstände lösen wollen. Dabei bleibt noch viel zu tun. Denn - abgesehen von allen Schadensersatzfragen – sind gesetzlich auch noch die Fälle jener 13.000 Personen gesetzlich zu regeln, die nach der Auslöschung Slowenien verlassen haben oder wegen der Auslöschung verlassen mussten.

Facebook Facebook