× Logo Mobil

Analyse zum Grenzstreit

Zeitung
Wiener Zeitung
Berichte Slowenien
Im Grenzstreit zwischen Kroatien und Slowenien kämpfen beide Staaten weiter um die beste Ausgangslage für das näherrückende Verfahren zur Festlegung ihrer Grenzen. Inhaltlich geht es um drei Grundsatzfragen: Um die Landgrenze an der Mur, um die Seegrenze in der Bucht von Piran und um die Anbindung der slowenischen Territorialgewässer an die hohe See. Die Landgrenze spielt im Konflikt nur eine untergeordnete Rolle und ist – den bisher fehlenden guten Willen auf beiden Seiten voraus gesetzt relativ leicht lösbar. Schwieriger ist das bei der Buch von Piran: Kroatien will die Seegrenze in der Mitte der Bucht ziehen. Slowenien beansprucht die ganze Bucht. Doch es ist absurd, dass ein Tourist am Strand noch in Kroatien ist, während er im Wasser in slowenisches Territorium „eintaucht“. Eine derartige Grenze wäre absurd, das weiß auch Slowenien, das über diesen Punkt verhandlungsbereit ist.

Am schwierigsten ist die dritte Frage zu lösen. Nach der Seerechtskonvention hat Slowenien wie jeder andere Staat der Welt den uneingeschränkten Zugang zum offenen Meer. Was Slowenien fordert, sind de facto Hoheitsrechte auf einen Seestreifen, der die kroatischen Territorialgewässer und damit auch die direkte Seegrenze zwischen Kroatien und Italien durchtrennen soll. Dieser „archimedische Punkt“ im Meer, soll Sloweniens Ansprüche auf einen Teil des Kontinentalsockels in der Adria legitimieren, der selbst nach Ansicht slowenischer Juristen der Seerechtskonvention nach nicht besteht. Daher nutzt Slowenien nun die EU-Verhandlungen, um Kroatien Zugeständnisse politisch abzuringen, die rechtlich auf schwachen Beinen stehen. Hier stehen die Slowenen zweifellos mit großer Mehrheit hinter ihrer Regierung. Es herrscht das Gefühl, dass Kroatien nach dem Zweiten Weltkrieg in Istrien territorial bevorzugt wurde. Außerdem wird Kroatien vorgeworfen, einseitig versucht zu haben, die Grenze zu präjudizieren und Vereinbarungen nicht eingehalten zu haben.

Angesichts dieser Ausgangslage, war Slowenien stets gegen jede Form von Schiedsgericht, während Kroatien auf einer derartigen Lösung beharrt. Nach drei von Kroatien abgelehnten Vorschlägen, beruht der jüngste Vorschlag der EU-Kommission nun weitgehend auf einem Schiedsgerichtsverfahren mit strikten formalen Vorgaben, und Kroatien stimmte zu. Die Anmerkungen, die in Slowenien Regierung und Opposition bisher formuliert haben, laufen generell auf eine Aufweichung der recht strikten Arbitrage hinaus. Kommende Woche soll die Antwort Laibachs an Brüssel vorliegen. Ob die Kommission und Kroatien diese Änderungswünsche akzeptieren ist offen. Weitgehend sicher ist, dass Kroatien die EU-Verhandlungen in diesem Jahr nicht mehr abschließen dürfte, und dass auch ein Kompromiss gefunden werden muss, die auf allgemeinen politischen Konsens in Slowenien stößt. Denn Referenden sind in Slowenien recht leicht erzwingbar – und schert nur eine Parlamentspartei aus, könnte der kroatische Beitritt auch nach dem Verhandlungsabschluss noch scheitern.

Facebook Facebook