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Slowenien zehn Jahre in der EU

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Berichte Slowenien


Am 1. Mai vor zehn Jahren ist auch Slowenien als erstes Land des ehemaligen Jugoslawien der EU beigetreten. Unter den insgesamt zehn Ländern, die bei dieser bisher größten Erweiterungsrunde aufgenommen wurden, galt Slowenien als Musterschüler. Dieses Bild änderte sich drastisch mit der globalen Finanzkrise, die auch Slowenien massiv traf. Die Wirtschaft brach drastisch ein, die vom Staat kontrollierten Banken standen vor dem Bankrott und die soziale Lage verschlechterte sich drastisch. Den Gang unter den sogenannten europäischen Rettungsschirm konnte Slowenien mit einem Antikrisenprogramm vermeiden, doch viele wirtschaftliche und politische Probleme bleiben noch, berichtet unser Korrespondent Christian Wehrschütz:

Wir sehr Slowenien noch unter der Wirtschafts- und Finanzkrise leidet, zeigen die Zahlen für Budgetdefizit und Arbeitslosigkeit. Beide lagen im Vorjahr klar über 10 Prozent, während die Wirtschaft heuer nur marginal wachsen dürfte. Arbeitsmarktreform, Defizitabbau und Privatisierungen stehen Slowenien noch bevor. Dazu sagt in Brüssel der für Umweltschutz zuständige slowenische EU-Kommissar Janez Potocnik:

„Sehr wichtig ist, dass die Nabelschnur zwischen Wirtschaft und Politik durchtrennt wird. Am Schuldenabbau im Bankensektor muss auch weiter gearbeitet werden, obwohl entscheidende Schritte bereits gesetzt wurden. Doch was die Unternehmen betrifft, sind noch wichtige Schritte zu setzen; außerdem muss die Privatisierung fortgesetzt werden, um die öffentlichen Finanzen zu stabilisieren.“

All diese Vorhaben liegen wegen der neuerlichen politischen Krise wieder auf Eis und werden wohl erst nach den vorgezogenen Parlamentswahlen in einigen Monaten wieder in Angriff genommen werden. Die innenpolitische Lage will Potocnik aus Brüssel nicht kommentieren. Überzeugt zeigt er sich, dass die Slowenen trotz aller Krisen die EU weiter positiv bewerten; Janez Potocnik:

„Natürlich sieht man heute die EU kritischer, auch wegen der Wirtschaftskrise, die zum Gefühl eines nicht solidarischen Europas beigetragen hat. Dadurch wurden Stereotype vertieft, die wir noch aus dem ehemaligen Jugoslawien kennen – der sparsame Norden gegen den verschwenderischen Süden. Das ist heute Teil unserer Realität; doch ich denke, dass Slowenien niemals ein euroskeptisches Land war, weil die Menschen immer fühlten, dass wir diesem Raum zugehören, und das die Vorteile weit größer als die Probleme sind, die die EU mit sich bringt.“

Trotzdem sagen Meinungsumfragen für die Wahlen zum Europaparlament in Slowenien nur eine Wahlbeteiligung von etwa 30 Prozent voraus. Diesen Umstand erklärt Potocnik, der seit 10 Jahren EU-Kommissar ist, so:

„Bei den EU-Wahlen vor fünf Jahren, also vor der Wirtschaftskrise, betrug die Beteiligung 28 Prozent. Sie hat nichts mit der Krise, sondern damit zu tun, dass die Bürger Entscheidungen in der EU noch nicht klar genug als solche wahrnehmen, die ihr Leben beeinflusst. Daher werden diese Entscheidungen noch immer als weniger wichtig empfunden als jene bei nationalen Wahlen. Das hat auch damit zu tun, dass Brüssel geographisch auch von Slowenien weit entfernt ist; daher ist es sehr wichtig, Brüssel näher zu bringen, und zwar durch eine anständige Politik. Man kann die EU durchaus mit kritischen Augen sehen, aber niemand darf die Gründe vergessen, die zu unserem Beitritt geführt haben.“

Der 56-jährige Wirtschaftsexperte Janez Potocnik sieht die EU auch als Friedensprojekt:

„Slowenien kann heute seine Interessen im Rahmen von Staaten wahren, die ihre historischen Erfahrungen überwunden haben durch Zusammenarbeit und durch das Bekenntnis zu gemeinsamen Werten. In einer Gemeinschaft demokratischer Staaten wird gemeinsam über die Zukunft Europas entschieden. Was Slowenien in diesen Jahren gelernt hat ist, dass die Mitgliedschaft allein keine Wohltat ist oder vor Fehlern bewahrt. So sind wir noch immer mit den Folgen der Wirtschaftskrise konfrontiert, zu Hause in Slowenien aber auch in Europa.“

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