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Finanzkrise der Erzdiözese Marburg und die Rolle Österreichs

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Berichte Slowenien
In Slowenien kämpfen unterschiedliche Regierungen seit fast fünf Jahren mit beschränktem Erfolg gegen die Finanz- und Bankenkrise. Zu den Besonderheiten dieser Krise zählt, dass den größten Konkursfall die Erzdiözese Marburg/Maribor durch drei Unternehmen ausgelöst hat. Deren bereinigte Verbindlichkeiten werden auf etwa 720 Millionen Euro geschätzt; davon betroffen sind auch österreichische Banken, vorwiegend durch ihre slowenischen Töchter. Deren unterschiedlich besicherte Forderungen dürften insgesamt knapp 60 Millionen Euro betragen. Überschuldet ist aber auch die Erzdiözese Marburg selbst, und auch dabei sind wieder österreichische Banken und ihre slowenischen Töchter betroffen, berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Managementfehler und die internationale Finanzkrise führten vor etwa zwei Jahren zum Zusammenbruch des Wirtschaftsimperiums der Erzdiözese Marburg/Maribor. Zusammengefasst war es in drei Gesellschaften, die juristisch eigenständig sind, sodass die Erzdiözese Marburg für deren Verbindlichkeiten nicht haftet. Doch auch die Erzdiözese selbst ist überschuldet. Daher bat Marburg 2012 die Diözese Graz-Seckau um Hilfe. Deren Wirtschaftsdirektor Herbert Beiglböck erläutert die Lage der Erzdiözese Marburg so: (36)

"Wir wissen relativ genau, dass die Erzdiözese gesicherte Verbindlichkeiten von 37 Millionen Euro hat, und dass es noch in der ähnlichen Größenordnung ungeklärte Fragen gibt, das sind Haftungserklärungen, die unterschiedlich beurteilt werden; aber das heißt, im gesamten 70 Millionen könnten schlagend werden an Verbindlichkeiten. Das Vermögen der Erzdiözese besteht im Wesentlichen aus Liegenschaften, Gebäude und Flächen; das ist momentan sehr schwer zu bewerten, weil ja die Immobiliensituation in Slowenien sehr schwierig ist. Aber es wird sich in der Größenordnung von etwa bei 30 Millionen bewegen."

Zwei Drittel der 37 Millionen Euro entfallen auf Banken; dazu sagt Herbert Beiglböck: (21)

"Wir haben insgesamt Bankverbindlichkeiten von 24 Millionen Euro, und davon sind etwa 21 Millionen Töchtern zuzuordnen, wo wir eine österreichische Muttergesellschaft haben. Das ist ein Paket, wo ich keine einzelnen Banken herausgreifen möchte, aber insgesamt ist es natürlich so, dass diese Töchter der österreichischen Mütter ganz stark engagiert waren in Slowenien."

Zu den Kreditgebern zählen nach Angaben aus Slowenien etwa kleinere Banken aus Kärnten. Anders gelagert sind die Fälle Raiffeisen und Hypo-Alpe Adria. Die Hypo-Alpe-Adria vergab zwar keine direkten Kredite an die Erzdiözese, wohl aber an deren drei Gesellschaften. Das Gesamtvolumen liegt bei etwa 40 Millionen Euro mit unterschiedlicher Besicherung. Die Raiffeisen Bank International wiederum klagte jüngst die Erzdiözese auf 7,6 Millionen Euro. Diese Forderung leitet sich aus einer Patronatserklärung ab, die Marburg für seine in Konkurs gegangene Gesellschaft „Gospodarsvo Rast“ abgegeben hat, wobei die Verbindlichkeit dieser Erklärung strittig ist. Die slowenische Raiffeisen-Tochter versuchte im April bereits 14 Wohnungen der Erzdiözese in Marburg zu veräußern, doch bei der ersten Versteigerung fand sich niemand, der den geforderten Preis von 600.000 Euro zahlen wollte. Zu Klage von Raiffeisen sagt Herbert Beiglböck:

"Die Klage von Raiffeisen ist meines Wissens eine Vorsichtsmaßnahme, um Verjährungen zu verhindern. Wenn zum Vergleich kommt, wird das hinfällig sein. Wenn es zu keinem Vergleich kommt, dann werden einige Rechtsstreitigkeiten zu führen sein und zu klären sein, wer jetzt welche Rechte in diesem ganzen Verfahren hat. Aber ich gehe davon aus, dass bevor diese Klagen weiter bearbeitet werden, klar ist, dass es einen Vergleich oder einen Konkurs gibt, und dementsprechend dann die weiteren Schritte erfolgen." (27)

Um die seelsorgerische Tätigkeit der Erzdiözese Marburg zu retten, ist die Diözese Graz-Seckau bereit, die Aloisius-Kirche und den Bischofssitz zu kaufen, der sonst in die Konkursmasse fiele. Für einen Vergleich spricht, dass im Konkursfall die Banken wohl kaum ein Interesse daran haben können, Betreiber einer Kirche oder der theologischen Fakultät in Marburg zu werden.

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