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Notenbankgouverneur zur Krise in Slowenien

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Berichte Slowenien
In Slowenien stemmt sich die Regierung mit allen Kräften gegen eine drohende Einbeziehung in den EU-Rettungsschirm. Daher hat Ministerpräsidentin Alenka Bratusek heute in Laibach ein Antikrisenprogramm vorgelegt. Es sieht Steuererhöhungen, Privatisierungen und Lohnkürzungen bei den Beamten vor, über die die Regierung allerdings mit den Gewerkschaften verhandeln will. Durch mehr Einnahmen und durch Ausgabenkürzungen will die Regierung etwa ein Milliarde Euro hereinbringen. Das Geld soll unter anderem auch für die Sanierung des Bankensektors verwendet werden. Darüber und über die Lage in Slowenien hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz in Laibach mit dem Gouverneur der Nationalbank, Marko Kranjec, gesprochen. Hier sein Bericht:

Der 73-jährige Marko Kranjec ist seit sechs Jahren Gouverneur der Nationalbank. Er ist ein klarer Befürworter des privaten Unternehmertums und der Förderung von Eigeninitiative. Die geplante Privatisierung von 15 slowenischen Unternehmen, darunter der Telekom und des Flughafens von Laibach, bewertet Kranjec positiv. Skeptischer sieht er Steuererhöhungen. Klar macht er jedoch, dass so manche bereits erfolgte Reform nicht weitreichend genug war. Marko Kranjec: 29

"Die öffentlichen Ausgaben müssen geringer werden, denn erstens geht es um die fiskale Konsolidierung. Zweitens gab es zwar bereits eine Pensionsreform, doch die wird in Zukunft wohl noch Nachbesserungen erfordern. Hinzu kommt die Reform des Arbeitsmarktes, die radikaler sein muss. Ich bin nicht für Entlassungen, doch die Flexibilität des Arbeitsmarktes muss größer werden, weil Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass man dann auch schneller Leute wieder einstellt."

Die weitere Sanierung des Bankensektors ist für Kranjec nicht nur eine finanzielle Frage; vielmehr fordert er auch eine völlige Entpolitisierung. Dazu sagt Marko Kranjec: 49

„Betrachtet man nur die drei größten Banken, die vor allem im Staatseigentum sind, so haben sie auch die meisten faulen Kredite. Das weist auch auf Probleme beim Management hin; das betrifft die Frage geeigneter Vorstände und Aufsichtsräte. Ihre Ernennung nach politischen Kriterien hat sich als schlecht erwiesen, weil so Personen bestellt wurden, die das Bankengeschäft nicht ausreichend beherrschten. Denn 60 bis 70 Prozent aller faulen Kredite des Bankensektors entfallen auf diese drei Banken. Der Staat muss daher seine Verantwortung wahrnehmen; das betrifft nicht nur die Bestellung fähigerer Manager und die Kapitalaufstockung. Sondern wir empfehlen eine Privatisierung, und zwar so rasch wie möglich, weil Staatsbesitz schlecht für das Management und die Wirtschaft insgesamt ist.“

Der erste Test für die Entpolitisierung kommt bereits Anfang Juni, wenn der Aufsichtsrat der größten Bank, der Nova Ljubljanksa Banka, neu bestellt wird. Dann wird sich zeigen, in welchem Ausmaß die Regierung bereit ist, auf politische Ernennungen zu verzichten. Auf den internationalen Finanzmärkten konnte sich Slowenien jüngst etwa 2,7 Milliarden Euro an frischem Geld beschaffen; das sollte der Regierung eine Atempause gewähren, um auch den Bankensektor weiter stabilisieren zu können. Zum gesamten Finanzbedarf sagt Marko Kranjec: 31

„Durch Einlagen und Kapitalaufstockungen sind bisher 3,5 Milliarden Euro aufgebracht worden; das sind zehn Prozent der Wirtschaftsleistung, und im internationalen Vergleich sehen wir das als geringen Prozentsatz. Aber wenn später noch schlechte Forderungen zu übernehmen sind und eine weitere Kapitalaufstockung erfolgt, dann werden dazu noch etwa 3,5 bis 4 Milliarden Euro nötig sein; das sind dann alles in allem 20 bis 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.“

Sloweniens Staatsverschuldung liegt noch immer unter dem EU-Durchschnitt; beängstigend war aber ihr rasches Wachstum. Doch wenn die Regierung nun ihr Antikrisenprogramm zügig umsetzt, sieht der Nationalbankgouverneur durchaus Chancen, dass Slowenien seine Krise ohne EU-Hilfe bewältigen kann.

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