× Logo Mobil

Interview mit Alenka Bratusek zur Krise in Slowenien

Radio
MiJ
Berichte Slowenien
In Slowenien ist seit vier Wochen einen neue Regierung im Amt. Geführt wird sie zum ersten Mal in der Geschichte des Landes von einer Frau, von der 43-jährigen Mitte-Links-Politikerin Alenka Bratusek. Bratusek und ihr Kabinett stehen unter großem politischem und zeitlichem Druck. Denn das Vertrauen der Finanzmärkte in die Reformfähigkeit Sloweniens ist gering, und immer stärker wird spekuliert, dass Slowenien nach Zypern das nächste Land sein könnte, das EU-Hilfe in Anspruch nehmen muss. Über die Krise hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit Alenka Bratusek gesprochen; hier sein Bericht:

Die großgewachsene, 1970 in Celje, dem alten Cilli, geborene Alenka Bratusek ist eine Frau, die viel Energie und Freundlichkeit ausstrahlt. Für slowenische Verhältnisse ist sie neu in der Politik; doch in den wenigen Jahren legte sie Blitzkarriere hin; 2011 kam sie über die Liste „Positives Slowenien“ ins Parlament, im Jänner dieses Jahres übernahm sie den Parteivorsitz und seit Ende März führt sie eine Vier-Parteien-Koalition. Bratusek gilt als Finanzexpertin, denn von 2005 bis 2011 war sie im Finanzministerium für das Budget zuständig. Die Ministerpräsidentin betont, dass Slowenien ohne EU-Hilfe auskommen werde. Alenka Bratusek:

„Ich bin noch immer überzeugt, dass wir unsere Probleme selbst lösen können, und dass es besser ist, dass wir sie selbst lösen als unter dem Zwang, bzw. mit der Hilfe der EU-Troika. Wir kennen die notwendigen Schritte sehr genau, und wir werden einen genauen Plan zur Umsetzung ausarbeiten und diesen Plan Anfang Mai vorlegen. Derzeit brauchen wir keine Hilfe, sondern Zeit, und zwar einige Wochen, um die Sachen konkret vorbereiten zu können.“

Stoppen muss Slowenien nicht nur die negativen Trends bei Staatsverschuldung und Budgetdefizit, sondern auch den wachsenden Vertrauensverlust der internationalen Finanzmärkte; diesem Zweck dienen soll die Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung, über die sich die Parteien nun weitgehend einig sind. Dazu sagt Bratusek:

„Vorgesehen ist derzeit, dass diese Schuldenbremse in der Verfassung erst ab dem Jahre 2015 gelten soll. Der Finanzminister wird eine neue finanzielle Berechnung erstellen. Diese Daten sollen dann die Basis dafür bilden, ob wir zu diesem Datum in der Lage sind, die öffentlichen Finanzen zu konsolidieren. Wichtig ist nicht, was wir in der Verfassung festschreiben, sondern was wir tatsächlich umsetzen. Doch wenn es die Finanzmärkte beruhigt, wenn wir das in der Verfassung festschreiben, werden wir eine richtige Lösung finden, die alle unterstützen.“

Sloweniens Hauptproblem ist die Krise im Bankensektor; die drei großen slowenischen Banken brauchen immer wieder frisches Kapital und sitzen auf vielen notleidenden Krediten, die in einer sogenannten Bad Bank zusammengefasst werden sollen; doch wann wird die Bad Bank tatsächlich zu arbeiten beginnen? Alenka Bratusek:

„ Eine Maßnahme zur Sanierung des Bankensystems ist die Bad Bank, in die wir schlecht besicherte Forderungen von den Banken übertragen werden. Ich glaube dass die erste derartige Forderung bereits im Juni in die Bad Bank übertragen wird, und das wird ein Signal sein, dass wir wirklich mit der Sanierung begonnen haben.“

Heftig umstritten war in Slowenien die Privatisierung von Staatsbetrieben; vor allem die Links-Parteien waren dagegen; doch unter dem Druck der Realität setzte auch hier ein Umdenken ein; dazu sagt Alenka Bratusek:

„Wir werden dem Parlament noch bis zum Sommer den Vorschlag für die Privatisierung von ein oder zwei großen Staatsbetrieben zuleiten. Doch wir müssen die Firmen verkaufen, für die wir heute relativ viel bekommen, bei anderen müssen wir noch warten. Ich denke, das auch eine der Banken, wahrscheinlich nicht die größte Bank, beim ersten Schritt der Privatisierung dabei sein muss.“

Facebook Facebook