× Logo Mobil

Slowenen nach den Ausschreitungen und vor der Stichwahl

Radio
MiJ
Berichte Slowenien
In Slowenien findet morgen die Stichwahl um das Präsidentenamt statt. Nach Umfragen ist der Favorit aber nicht Amtsinhaber Danilo Türk, sondern der frühere sozialdemokratische Regierungschef Borut Pahor. Sein Vorsprung soll zwischen 10 und 20 Prozentpunkten liegen. Überschattet war die letzte Phase des Wahlkampfs von massiven Protesten in mehreren slowenischen Städten, die in Laibach auch von Ausschreitungen begleitet waren. Die Bilanz der Nacht: mehr als 10 verletzte Polizisten und Demonstranten sowie 30 Festnahmen. Die Slowenen sind wegen der tiefen sozialen und wirtschaftlichen Krise mit Regierung und Politik insgesamt sehr unzufrieden. Die Wirtschaft schrumpfte in den ersten neun Monaten um mehr als zwei Prozent, trotzdem finden Regierung und Opposition keine gemeinsame Linie und ein Licht am Ende des Tunnels ist nicht in Sicht. Über die Lage und die Stichwahl in Slowenien berichtet aus Laibach unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Die Ausschreitungen waren natürlich das erste Thema bei der letzten TV-Konfrontation zwischen Danilo Türk und Borut Pahor, die den Wahlkampf gestern beendete. Beide bekannten sich zum friedlichen Protest, verurteilten aber die Ausschreitungen. Der große Unterschied zwischen Türk und Pahor liegt im Verhältnis zur unpopulären Mitte-Rechts-Regierung unter Janez Jansa. Im ORF-Interview beschreibt Danilo Türk den Unterschied so;

„Der Präsident muss gegenüber jeder Regierung kritisch sein. Er muss warnen, wenn die Dinge nicht gut gehen und bei uns gibt es viele derartige Dinge. Das bringt gewisse Spannungen mit sich, doch die sind zu akzeptieren, um Probleme wirklich zu lösen. Hier bin ich zu einer bestimmten Polemik mit der Regierung bereit, wenn es nötig ist. Dagegen ist Herr Pahor schließlich und endlich immer auf der Seite der Regierung.“

Türk und Jansa können nicht mit einander, und Türk kann sich sogar eine technische Regierung ohne Politiker vorstellen, die das Land aus der Krise führen soll. Dagegen ist das Verhältnis zwischen Jansa und Pahor besser, der aus seinem eigenen Sturz als Ministerpräsident im Herbst 2011 folgende Lehren zieht; Borut Pahor:

"Die Fehler dürfen sich nicht wiederholen, die bei meiner Regierung gemacht wurden. So wurde wegen der fallenden Popularität der Regierung von der Opposition aber auch vom Staatspräsidenten übereilt der Schluss gezogen, dass die Regierung gehen muss. Jede Regierung, die sich mit einer Krise befassen muss, ist im Wesentlichen eine unpopuläre. Auch jetzt sollte man nicht übereilt über Alternativen nachdenken, wie etwa über eine technische Regierung, und damit den falschen Eindruck vermitteln, dass das Problem nur in der Regierung liegt. Das Problem liegt in den Schwierigkeiten, mit denen wir konfrontiert sind."

Im Wahlkampf präsentierte sich der Sozialdemokrat als Mann des Verbindens, der Vertrauen schaffen und die politische Polarisierung zwischen Regierung, Opposition und Präsident überwinden könne. Mit dieser Botschaft dominierte Pahor den Wahlkampf im ersten Durchgang der Präsidentenwahl, denn viele Slowenen sind der Konflikte überdrüssig. In der Kampagne für die Stichwahl wirkte aber DaniloTürk griffiger, angriffslustiger und hielt sich in den TV-Konfrontationen gegenüber dem telegenen Pahor weit besser, der in vielen Fragen unkonkret blieb. Doch für Pahor spricht sein völlig neuartiger Wahlkampf. 280 Stunden arbeitete er in den verschiedensten Berufen, vom Ernteeinsatz als Bauer über die Müllabfuhr bis hin zum Tierschutzheim. Das kam sehr gut an, während Türk keinen volksnahen Wahlkampf führte. Mitentscheiden über Sieg und Niederlage wird die Wahlbeteiligung, die vor drei Wochen sehr niedrig war. Selbst wenn Borut Pahor gewinnen sollte, könnte sein Vorsprung auf Danilo Türk jedenfalls geringer ausfallen, als das Umfragen bisher vorausgesagt haben.

Facebook Facebook