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Was war das PC Sora

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Ende Juli hob die Polizei in Schilterndorf ein umfangreiches Waffen- und Sprengstofflage aus. Es soll einem im Jahre 1997 verstorbenen Kärntner Slowenen gehört haben, der als Sprengmeister tätig war und auch im Zusammenhang mit Anschlägen in den 70iger Jahren in Kärnten stehen könnte. Dieser Mann wir auch in slowenischen Geheimakten genannt, die vor einem halben Jahr in Laibach aufgetaucht sind. Darin wird immer wieder eine Aktion PC Sora genannt, an der Kärntner Slowenen beteiligt waren. Unserem Balkan-Korrespondenten Christian Wehrschütz ist es gelungen mit einem ehemaligen Mitarbeiter der slowenische Staatssicherheit zu sprechen und zu klären was sich hinter diesem Codenamen verbirgt: hier sein Bericht:

Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings im Sommer 1968 wuchs in Jugoslawien neuerlich die Angst vor einem möglichen Angriff der Sowjetunion. Daher wurden kleine Einheiten gebildet, die nach einem Einmarsch der Roten Armee im besetzten Gebiet Sabotageakte gegen die Besatzungstruppen durchführen sollten. Eine derartige Einheit stellte das regionale Zentrum der slowenischen Staatssicherheit in Marburg auch für Unterkärnten auf. Nachdem Marburg das Zentrum war hießen diese Einheiten Podcentar, abgekürzt PC, auf Deutsch „Unterzentrum“. Da für die Einheit in Südkärnten keine genaue geografische Bezeichnung möglich war, wurde der slowenische Fluss Sora als Deckname für das „PC Sora“ gewählt, das in den slowenischen Geheimakten aus dem Jahre 1979 im Zusammenhang mit den Anschlägen in Unterkärnten wiederholt erwähnt wird.

Nach Angaben eines ehemaligen Mitarbeiters der Staatssicherheit in Marburg bestand diese Einheit in Unterkärnten aus Kärntner Slowenen, die vorwiegend aus Familien stammten, deren Väter oder Verwandte als Partisanen im Zweiten Weltkrieg gekämpft hatten. Somit bestanden Sympathien für das kommunistische Jugoslawien und für die Tradition des Partisanen-Kampfes, die von der Staatssicherheit in Marburg genutzt wurden. Denn für Anwerbung und Führung soll vor allem Vili Mlakar zuständig gewesen sein. Mlakar entstammt einer Bauernfamilie aus Crna in Slowenisch-Kärnten. 1943 ging er mit 15 Jahren zu den Partisanen, erhielt den Kampfnamen „Baltasar“ (Boltezar) und diente während des Krieges in der „Bachern Brigade“, der Pohorska Brigada.

Die Stärke des PC Sora dürfte an die zehn Mann betragen haben. Diese Zahl deckt sich mit den Namen in den Geheimdokumenten aber auch mit entsprechenden Einheiten in Slowenien selbst. Ausgebildet wurden die Kärntner Slowenen am Bachern und in Istrien und zwar an leichten Waffen und im Umgang mit Sprengstoff. In der Regel soll drei Mal pro Jahr geübt worden sein. In Unterkärnten sollen nach Angaben des Gewährsmannes keine Waffenlager bestanden haben, weil Marburg im Falle eines sowjetischen Angriffs von einer Vorwarnzeit von mindestens einer Woche ausging, so dass die zeitgerechte Ausstattung des PC Sora kein Problem dargestellt hätte. Zum Problem wurde für den SDV-Marburg jedoch die Radikalisierung, die unter den Mitgliedern des PC Sora nach ihrer Ausbildung und angesichts des Volksgruppen-Konflikts in Kärnten Mitte der 70iger Jahre einsetzte. Sie führte vor allem1976 zu immer massiveren Forderungen nach technischer Unterstützung für Anschläge in Unterkärnten selbst, wobei diese Kärntner Slowenen auch mit der passiven Haltung Belgrads in der Volksgruppenfrage unzufrieden waren. Höhepunkt dieser Serie war der Anschlag auf das Volksabstimmungsmuseum in Völkermarkt im Herbst 1979, der jedoch von Agenten aus Slowenien durchgeführt wurde. Nach Ansicht des Gewährsmanns in Marburg dürfte die Idee dazu von Mitgliedern des PC Sora gekommen sein, denn das Museum war so manchem Kärntner Slowenen ein Dorn im Auge.

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