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Slowenien vor dem Referendum über Kroatien

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Berichte Slowenien
In Slowenien findet morgen eine Volksabstimmung über den Grenzstreit mit Kroatien statt. Die 1,7 Millionen stimmberechtigten Slowenen sollen dabei entscheiden, ob sie das internationale Schiedsgerichtsverfahren billigen, dass diesen Streit nach nun 19 Jahren lösen soll. Umstritten sind die Seegrenze in und vor der Bucht von Piran sowie etwa die Landgrenze an der Mur. Umfragen sagen einen knappen Ausgang bevor. Die linksliberale Regierung ist für das Schiedsgerichtsverfahren, die konservative Opposition ist dagegen. Ein Nein der Slowenen würde den EU-Beitritt Kroatiens jedenfalls massiv verzögern. Aus Slowenien berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Der Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien hat durchaus seine skurrilen Facetten; eine verkörpert Josko Joras; das Haus des kleinwüchsigen slowenischen Pensionisten liegt direkt neben dem kroatischen Grenzposten in der Bucht von Piran. Zwei Mal trat Joras bereits in den Hungerstreik, weil er die vorläufige Grenzziehung nicht anerkennt, und sich das Recht erkämpfen wollte, auf seinem Haus die slowenische Fahne hissen zu dürfen. Der Mann erstritt sich auch eine eigene Zufahrt, um nicht die Grenze passieren zu müssen; dazu sagt Josko Joras:

"Wenn ich in der Gemeinde Piran bin, dann haben die kroatischen Beamten keine Erlaubnis und kein Recht, mich zu hindern, auf welche Weise ich nach Hause komme. oder zu verlangen, dass ich Zoll bezahle."

Josko Joras wird beim Referendum morgen gegen das Schiedsgeríchtsverfahren stimmen. Bei der Mobilisierung der Gegner setzten konservative und nationalistische Oppositionsparteien vor allem auf Emotionen und bedienten alle möglichen historischen Ressentiments. So wurden etwa Ruderleiberl verteilt, auf denen an die Kärntner Volksabstimmung vor 90 Jahren erinnert wurde: Diese ging aus slowenischer Sicht negativ aus; mit diesem Hinweis sollte davor gewarnt werden, dass Slowenien durch das Schiedsgericht nun auch die Bucht von Piran und die Anbindung ans offene Meer verlieren könnte. Historisch argumentierte auch der konservative Oppositionsführer Janez Jansa, der auf die Grenzziehung mit Italien nach 1945 verwies; Janez Jansa:

"130.000 unserer Landsleute blieben nach dem Zweiten Weltkrieg abgetrennt von der Heimat in Italien, verloren wurde Triest und Görz, die Küste zwischen Triest und Tarvis. Das benachbarte Kroatien, mit dem wir in einem gemeinsamen Staat verbunden waren, bekam auf diese Rechnung das gesamte Dalmatien mit seinen Inseln, Rijeka und Istrien, die in der Geschichte ihnen niemals zur Gänze gehört haben. Insgesamt mehr als 5.000 Kilometer Küste und 1.246 Inseln."

Doch es gibt auch Slowenen, die sich von Jansa nicht beeindrucken ließen, wie eine Straßenbefragung zeigt:

"Ich werde dafür stimmen, weil es normal ist, dass wir brüderliche Beziehungen mit unserem brüderlichen Kroatien aufrecht erhalten. Ich denke, dass der Vertrag die minimalen Interessen Sloweniens zufrieden stellt, dass unsere jetzigen Politiker dafür gesorgt haben."

Darauf pocht auch der sozialdemokratische Ministerpräsident Borut Pahor; seine linksliberale Regierung warb für Vernunft und für einen Blick in die Zukunft. Bei einer Kundgebung in Laibach sagte Pahor:

„Daher bitte ich euch, dass ihr als vernünftige und mutige Menschen, Euch der Zukunft zuwendet, in dem ihr für den Vertrag stimmt; stimmt für eine gerechte Grenze, für das Zusammenleben, für die Freundschaft; stimmt so, dass ihr euch nicht zurück wendet und für Konflikte, Zwischenfälle, Feindschaft und für die Unvorhersehbarkeit stimmt.“

Unvorhersehbar ist jedenfalls der Ausgang des Referendums. Meinungsforscher erwarten ein knappes Ergebnis; klar ist aber, dass ein negativer Ausgang die slowenische Regierung massiv schwächen und die EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien massiv verzögern würde, die Slowenien wegen des Grenzstreits bereits ein Jahr lang blockiert hat.

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