× Logo Mobil

Referendum in Slowenien

Radio
J18
Berichte Slowenien
In Slowenien findet heute die Volksabstimmung über den Grenzstreit mit Kroatien statt. Die Slowenen sollen dabei entscheiden, ob sie das internationale Schiedsgerichtsverfahren billigen, dass diesen Streit nach nun 19 Jahren lösen soll. Aus Laibach Christian Wehrschütz:

Beim Referendum in Slowenien zeichnet sich weiter eine recht rege Beteiligung ab. Bis 16 Uhr gaben knapp 30 Prozent ihre Stimme ab. In absoluten Zahlen bedeutet das, dass bisher mehr als 500.000 der insgesamt 1,7 Millionen Stimmberechtigten am Referendum teilgenommen haben. Für Slowenien ist das ein guter Wert, weil die Beteiligung an Volksabstimmungen generell eher gering ist. Umfragen sagen einen knappen Ausgang voraus. Ein Nein der Slowenen würde den EU-Beitritt Kroatiens jedenfalls massiv verzögern. Die Stimmlokale schließen um 19 Uhr, ein Ergebnis wird für den späten Abend erwartet.

Chronologie des slowenisch-kroatischen Grenzstreits =

Ljubljana (APA) - In APA0245 sind die Daten ab Oktober 2008 zu korrigieren. Alle Termine mit der Jahreszahl 2010 - mit Ausnahme der beiden letzten - sind auf "2009" zu berichtigen, die beiden Termine "Jänner 2009" sind zusammenzufassen.

KORRIGIERTE FASSUNG

Chronologie des slowenisch-kroatischen Grenzstreits

Utl.: Bisherige "Opferliste": Ein Ex-US-Minister, ein bilaterales Abkommen, Fischernetze und Blumentröge

Ljubljana (APA) - Die Slowenen haben am heutigen Sonntag in einem Referendum über ein bilaterales Abkommen zur Beilegung des langwierigen Grenzstreits mit Kroatien entschieden. Die beiden früheren jugoslawischen Teilrepubliken streiten praktisch seit der Unabhängigkeitserklärung von Jugoslawien im Juni 1991 über den Verlauf der gemeinsamen Grenze. Im Folgenden eine Chronologie.

25. Juni 1991 - Kroatien und Slowenien erklären gleichzeitig die Unabhängigkeit von Jugoslawien. Die bisherigen Verwaltungsgrenzen zwischen den beiden jugoslawischen Teilrepubliken werden zu Staatsgrenzen, die Seegrenze in der Adria-Bucht von Piran war überhaupt nicht festgelegt.

1992 - Ljubljana und Zagreb setzen eine Expertenkommission ein, die die strittigen Punkte definieren soll. Sie stellt an 53 Punkten der mehr als 600 Kilometer langen Grenze Differenzen fest, die jeweils größer als 50 Meter sind.

1993 - Slowenien protestiert gegen die Errichtung des kroatischen Grenzkontrollpunkts Plovanija im slowenisch beanspruchten Gebiet am linken Dragonja-Ufer. Die Regierung in Zagreb versichert daraufhin, dass es sich lediglich um eine provisorische Einrichtung handle, die innerhalb von Tagen wieder abgebaut werden könne.

1993 bis 1998 - Eine gemeinsame Kommission löst alle offenen Fragen bis auf vier Punkte (Grenze an der Mur, der Grenzverlauf bei Sekulici und der Tomsic-Parzelle sowie die Seegrenze einschließlich jener an dem ins Meer mündenden Fluss Dragonja). Die ersten drei Punkte sollen mit einem Gebietsabtausch gelöst werden, die Seegrenze bleibt umstritten.

1999 - Als Mediator schaltet sich der frühere US-Verteidigungsminister William Perry ein, doch bleibt er erfolglos.

Juli 2001 - Nach mehrmonatigen Verhandlungen paraphieren die beiden damaligen Regierungschefs Janez Drnovsek und Ivica Racan ein Grenzverlaufsabkommen. Slowenien macht Kroatien dabei Konzessionen auf dem Land, erhält dafür 80 Prozent der Bucht von Piran und einen eigenen Zugang zu internationalen Gewässern in der Oberen Adria. Racan bringt das Abkommen aber nicht durch das kroatische Parlament.

September 2002 - Der "Fischerkrieg" in der Bucht von Piran spitzt sich gefährlich zu. Kroatische Fischer drohen, die Bucht zu verminen, um ihren slowenischen Kollegen den Zutritt zu verwehren. Fast jedes Jahr kommt es im Sommer zu Grenzzwischenfällen in der Piran-Bucht, die meist mit dem Zerschneiden von Fischernetzen enden.

September 2004 - Die kroatische Polizei nimmt eine Delegation konservativer slowenischer Politiker unter Führung von Umweltminister Janez Podobnik fest, die auf das strittige Gebiet am linken Dragonja-Ufer gelangen wollte. Der damalige slowenische Premier Anton Rop verkündet daraufhin, dass Ljubljana seine Unterstützung für den EU-Beitritt Kroatiens zurückziehe.

September 2006 - Kroatische Arbeiter beginnen in einem Auwald am von Slowenien beanspruchten linken Mur-Ufer mit Bauarbeiten. Nachdem die Polizei des Nachbarlandes dort slowenische Journalisten festnimmt, schickt die rechtsgerichtete Regierung von Premier Janez Jansa Spezialpolizisten in das Gebiet.

August 2007 - Die beiden damaligen Regierungschefs Janez Jansa und Ivo Sanader einigen sich im slowenischen Kurort Bled grundsätzlich auf einen internationalen Schiedsspruch im Grenzkonflikt.

Jänner 2008 - Kroatien erklärt die östliche Hälfte der Adria zu seiner Umwelt- und Fischereizone und bringt damit Italien, Slowenien und die EU-Kommission gegen sich auf.

März 2008 - Zagreb lenkt im Streit um die Fischereizone ein und suspendiert ihre Wirkung neuerlich für die EU-Staaten.

Mai 2008 - Der slowenische Grenzaktivist Josko Joras erwirkt beim Bezirksgericht Piran ein Urteil, das ihm die Entfernung von Blumentrögen vor der Einfahrt seines Grundstücks im umstrittenen Gebiet am linken Dragonja-Ufer erlaubt. Die Blumentröge waren von den kroatischen Behörden aufgestellt worden, um Joras zum Benützen des Grenzübergangs zu zwingen. Ein Protestmarsch hunderter slowenischen Nationalisten zur Exekution des Urteils scheitert am Widerstand kroatischer Spezialpolizisten.

Dezember 2008 - Der bilaterale Grenzstreit wird zum EU-Thema. Slowenien legt ein Veto gegen die EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien ein, weil das Nachbarland in seinen Verhandlungsunterlagen den Grenzverlauf präjudiziere.

Jänner 2009 - Mehrmonatige Beratungen einer slowenisch-kroatischen Juristenkommission, die den Rahmen für den Schiedsspruch festlegen sollte, enden ergebnislos. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn schaltet sich als Vermittler zwischen Ljubljana und Zagreb ein.

Juni 2009 - Rehns Vermittlungsinitiative scheitert, da sich Kroatien weigert, über einen auf Drängen Sloweniens angepassten Kompromissvorschlag zu verhandeln.

1. Juli 2009 - Der kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader tritt überraschend zurück und nennt die mangelnde internationale Unterstützung für Kroatien im Grenzstreit als einen der Gründe.

31. Juli 2009 - Bei ihrem ersten Treffen vereinbaren Sanaders Nachfolgerin Jadranka Kosor und Sloweniens Premier Borut Pahor, den Grenzstreit bis Jahresende zu lösen.

4. November 2009 - Nach wochenlangen Geheimverhandlungen unterzeichnen Kosor und Pahor ein bilaterales Schiedsabkommen im Grenzstreit. Den Schiedsrichtern wird auf Drängen Sloweniens explizit aufgetragen, die "Verbindung" des Landes mit dem offenen Meer in der Oberen Adria zu bestimmen. Im Gegenzug zieht Ljubljana sein EU-Veto gegen Kroatien zurück.

20. November 2009 - Das kroatische Parlament ratifiziert das Grenzabkommen mit großer Mehrheit.

19. April 2010 - Das Abkommen wird nach einer vorherigen Prüfung durch das Verfassungsgericht auch vom slowenischen Parlament ratifiziert. Regierungsparteien und Opposition hatten sich aber schon zuvor darauf geeinigt, das Abkommen einem Referendum unterwerfen zu wollen. Dieses hätte von der Opposition erzwungen werden können.

6. Juni 2010 - Die Slowenen stimmen über das Grenzabkommen ab.

(Schluss) vos/ak

Bei slowenischem Grenzreferendum hohe Beteiligung in Sicht

Utl.: Bis 11.00 Uhr lag Stimmbeteiligung bei 15,25 Prozent =

Ljubljana (APA) - Beim slowenischen Referendum über das Grenzabkommen mit Kroatien zeichnet sich eine hohe Stimmbeteiligung ab. Bis 11.00 Uhr - vier Stunden nach Öffnung der Wahllokale um 7.00 Uhr - gaben am Sonntag 15,26 Prozent der 1,7 Millionen Wahlberechtigte ihre Stimme ab, wie die staatliche Wahlkommission in Ljubljana (Laibach) mitteilte.

Zu diesem Zeitpunkt war die Stimmbeteiligung ähnlich hoch wie bei der Parlamentswahl 2008, die letztlich bei rund 63 Prozent lag. Das Umfrageinstitut Ninamedia sagte zuletzt eine Stimmbeteiligung von 45 Prozent bei der Volksabstimmung voraus. Meinungsforscher erwarten ein knappes Ergebnis, die jüngsten Prognosen weisen jedoch auf eine klare Ja-Mehrheit hin. Für das Ergebnis wird die Beteiligung der Wähler entscheidend sein.

Die Slowenen entscheiden am heutigen Sonntag bei der Volksabstimmung darüber, ob sie Grünes Licht für ein Schiedsverfahren geben, das einen fast 20-jährigen Grenzstreit mit Kroatien beilegen soll. Das internationale Schiedsgericht soll die zwischenstaatliche Grenze zwischen den früheren jugoslawischen Teilrepubliken bestimmen. Besonders umstritten ist die Seegrenze, die im gemeinsamen Staat überhaupt nicht festgelegt war. Kroatien bestreitet den Anspruch Sloweniens auf die gesamte Adria-Bucht von Piran und damit einen eigenen slowenischen Zugang zu internationalen Gewässern.

Die Wahllokale schließen um 19.00 Uhr. Die offiziellen vorläufigen Wahlergebnisse werden später am Abend erwartet.

(Schluss) nr/mp/ar

APA0151 2010-06-06/13:11

061311 Jun 10
Facebook Facebook