× Logo Mobil

Die UDBA und die Kärntner Slowenen und die Anschläge in Südkärnten

Radio
Europajournal
Berichte Slowenien
Etwa 20 Anschläge fanden in den Jahren 1953 bis 1979 in Kärnten statt. Sie galten Denkmälern der Partisanen aber auch Einrichtungen Deutsch-Kärntner Organisationen. Ziele waren aber auch Eisenbahngeleise und Stromleitungen. In den meisten Fällen konnten die Urheber nie ermittelt werden. Ein neues Licht auf diese Anschläge werfen nun Dokumente des jugoslawischen Geheimdienstes UDBA, die in Slowenien aufgetaucht sind. Aus ihnen geht unter anderem hervor, dass auch radikale Vertreter der Kärntner Slowenen Anschläge auf eigene Denkmäler durchgeführt haben. In Slowenien und Kärnten ist unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz der Echtheit dieser Dokumente und den politischen Hintergründen der Anschläge nachgegangen und hat den folgenden Beitrag für das Europajournal gestaltet.

An einem Waldrand im Dorf Kömml bei Bleiburg steht ein Gedenkstein für 12 Partisanen, die im Herbst 1944 gefallen sind. Im Herbst 1976 wurde das Denkmal gesprengt – die Täter blieben unerkannt. Aus Akten der jugoslawischen Geheimpolizei UDBA geht nun hervor, dass den Anschlag ein Kärntner Slowene mit dem Decknamen „Hanin“ durchgeführt hat. Sein richtiger Name fehlt; mit Decknamen belegt sind in den Dokumenten auch andere Personen, die weitere Anschläge in Südkärnten durchgeführt haben. So vorsichtig man bei Geheimdienstdokumenten an sich sein muss, so steht doch fest, dass bisher Zweifel an ihrer Echtheit nicht bekannt geworden sind. Und auch der bekannte Kärntner Historiker Alfred Elste geht davon aus, dass …

... dass es Kärntner Slowenen gewesen sind, die eben radikalere Aktionen sogar eingefordert haben, dann zu Ausbildungszwecken auch in das Bachern-Gebirge gekommen sind, oder auch nach Porec gefahren sind, und die haben sich dort ausbilden lassen, und die haben mit Sicherheit diese Attentate durchgeführt; und - wenn man das Kömml-Denkmal herausgreift - das ja einer der mit dem Decknamen versehenen gesprengt haben soll, dann ist das natürlich ein völlig neuer Aspekt der Kärntner Zeitgeschichte."

Die Attentatswelle Mitte der 70iger Jahre trägt in den Dokumenten den Codenamen „Sora“. Die politische Lage, die damals in Kärnten und in Jugoslawien herrschte, beschreibt Elste so:

"Zunächst ein Mal würde ich meinen, dass man hier eine Umsetzung des Artikel 7 des Staatsvertrages hinsichtlich der Minderheitenrechte, Ortstafeln usw, mit Bomben analog wie in Südtirol erzwingen wollte. Das war ein wesentliches Kriterium. Warum eben der jugoslawische Geheimdienst hier mitgearbeitet hat, kann man durchaus so sehen, dass Tito 1979 schon relativ krank war; die Nachfolgespiele, und da wollte man an der Nordgrenze gegenüber Österreich Unruhen verursachen und Ränkespiele, wer wird der neue Mann in Slowenien und eben in Jugoslawien werden."

Namentlich werden in den UDBA-Papieren zwei ehemalige prominente Vertreter der Kärntner Slowenen mit einem Anschlag in Zusammenhang gebracht. Warum gerade diese zwei Personen genannt werden, ist unklar. Die eine ist der Rechtsanwalt Matheus Grilc. Er weist jede Beteiligung an dem Anschlag zurück:

„Nein, ich habe überhaupt nichts damit zu tun gehabt. Ich war damals ein Rechtspraktikant, kaum von Wien gekommen, und habe politisch damals auch noch politisch keine so besondere Rolle gespielt. Auch wenn ich sie gespielt hätte, so war das für mich kein Thema.“

Sollten die UDBA-Dokumente und die darin erhobenen Vorwürfe aber nicht ein Thema für die Kärntner Slowenen-Organisationen sein? Diese Frage beantwortet Grilc so:

„Slowenien müsste das selber aufklären; ob das so stark im Interesse der Kärntner Slowenen ist, das kann ich derzeit nicht ein Mal beurteilen. Denn man muss ja sagen, dass derartiges in anderen Ländern ja durchaus erfolgreich passiert ist, wenn man Südtirol betrachtet. Ich meine, der Terror als politisches Mittel ist heute allgegenwärtig, bedauerlicherweise, und ob man damals von bestimmten Personen das ähnlich gesehen hat, kann ich nicht beurteilen.“

Grilc kann sich jedenfalls nicht erklären wie sein Name auf eine Liste von UDBA-Mitarbeitern kommt, die im Internet zu finden ist. Sicher ist jedenfalls, dass die UDBA in Kärnten bereits lange vor dem Ortstafelsturm Anschläge verübte. In diesem Zusammenhang nennt der Historiker Alfred Elste zwei Attentate auf ehemalige Mitglieder des Ustasa-Regimes in Kroatien:

"Der Mordanschlag gegen Niko Martinovic 1975 in Klagenfurt, die Ermordung eindeutig die Handschrift der UDBA trägt; es lässt sich auch die Ermordung von Ribic 1953 in Klagenfurt erwähnen. Das sind durchaus eindeutige Aktionen der UDBA gewesen."

Zum Fiasko für die UDBA wurde der Anschlag auf das Volksabstimmungsmuseum in Völkermarkt im Oktober 1979. Beide Täter aus Slowenien, Marina Blaj und Luka Vidmar, verletzten sich beim Anschlag selbst und wurden gefasst. Zu den UDBA-Verbindungen der beiden Attentäter sagt in Laibach die Historikerin Ljuba Dornik-Subelj:

"Für Marina Blaj kann ich das nicht behaupten; Tatsache ist, dass sie auf der UDBA-Liste, die im Internet kursiert, nicht namentlich aufscheint. Welche Funktion sie hatte und unter welcher Kennzahl ihr Dossier existiert, kann ich nicht sagen. Somit ist nicht klar, ob sie Mitarbeiterin war oder nicht. Jedoch Luka Vidmar war der Sohn eines Helden des Volkes. Hier ist es Tatsache, dass er zweifellos ein Mitarbeiter dieser Dienste war."

Unklar ist, in welchem Ausmaß die UDBA in Slowenien die Attentatsserie in den 70iger Jahren in Absprache und mit Wissen der Belgrader Zentrale durchführte. Nach dem Fiasko von Völkermarkt endeten jedenfalls die Anschläge; und es setzte auch Konsequenzen in Slowenien, erläutert Dornik-Subelj:

"Gegen drei leitende Mitarbeiter, darunter auch gegen den Chef der Geheimpolizei in Marburg, fand ein nicht öffentliches Gerichtsverfahren statt. Soweit ich weiß wurden sie zu zwei Jahren bzw. ein Jahr Haft verurteilt."

Doch die Drahtzieher blieben unbehelligt. Einen von ihnen, Tomas Ertl, den damaligen Chef der Geheimpolizei in Slowenien, zeichnete Staatspräsident Danilo Türk im November des Vorjahres sogar aus, und zwar für angebliche Verdienste um die Unabhängigkeit Sloweniens. Die konservative Opposition reagierte mit Entrüstung, präsentierte die UDBA-Dokumente, und forderte sogar die Amtsenthebung Türks. Die Ehrung sei unverdient, kritisiert der slowenische Oppositionsführer Janez Jansa, denn:

"Die kommunistische Geheimpolizei hat über ihre Mitarbeiter in Österreich verschiedene terroristische Aktionen und Schmieraktionen organisiert. Dazu zählt auch, dass ihre Mitarbeiter Partisanen-Denkmäler in Kärnten beschmiert, bzw. beschädigt haben, um dafür dann den Kärntner Heimatdienst beschuldigen zu können."

Doch die UDBA war beileibe nicht der einzige Geheimdienst, der nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang in Kärnten aktiv war. So zeigen nicht nur UDBA-Akten, dass Briten, Amerikaner und Franzosen von Kärnten aus gegen Jugoslawien spionierten. Dabei wurde auch auf Personen zurückgegriffen, die am Balkan bereits während des Zweiten Weltkriegs nachrichtendienstlich tätig waren. Besonders aktiv war der BND, der deutsche Bundesnachrichtendienst, der ein eigenes Balkan-Zentrum führte. Zur Rolle des BND sagt Alfred Elste:

"Dieses Balkan-Zentrum hat natürlich auch eine Nebenstelle in Klagenfurt gehabt, wo sich österreichische Abwehrleute gefunden haben, die alle namentlich bekannt sind; oder etwa von Graz aus, wo ein honoriger Universitätsprofessor wie etwa Josef Matl mit dem amerikanischen und auch dem Bundesnachrichtendienst gegen Jugoslawien spioniert hat, was in den Dokumenten der UDBA nach- und ablesbar ist, und das hat sich auch auf Grund von Dokumenten der amerikanischen Seite belegt und bestätigt."

Keine Bestätigung oder Akteneinsicht erhielt Elste bisher vom Geheimdienst in Österreich:

"Ich habe an den militärischen Nachrichtendienst in Kärnten eine Anfrage gestellt, aber ich habe bis heute keine Antwort bekommen."

Die Anfrage stellte Elste bereits vor einem Jahr; doch offensichtlich ist man in Österreich viel zurückhaltender mit dem Zugang zu Akten als in Slowenien, wo durchaus noch manch neue Erkenntnis für Historiker zu finden sein könnte.

Facebook Facebook