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Interview mit dem gewählten Präsidenten Danilo Türk

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Berichte Slowenien
Am 23. Dezember tritt in Laibach der neue slowenische Präsident Danilo Turk sein Amt an. Erst seit Juli politisch aktiv, hat der 55-jährige eine politische Blitzkarriere hingelegt. Unterstützt von der slowenischen Linken, gewann Türk vor wenigen Wochen mit 70 Prozent der Stimmen. Turk ist gelernter Jurist, hat sich sehr intensiv mit Fragen der nationalen Minderheiten befasst, und war mehrere Jahre in New York enger Mitarbeiter von UNO-Generalsekretär Kofi Annan. Wegen seines jahrzehntelangen Interesses für Minderheitenrechte sind von Turk wohl auch neue Vorstöße im Zusammenhang mit der Frage der zweisprachigen Ortstafel in Südkärnten zu erwarten. Turk setzt dabei auf einen Dialog. Vor neuen Initiativen will sich Türk auf österreichischer Seite zunächst mit Bundespräsident Heinz Fischer, anderen Persönlichkeiten aber auch den Vertretern der Kärntner Slowenen beraten. Das kündigte Türk im folgenden Exklusiv-Interview mit unserem ORF-Korrespondenten Christian Wehrschütz an.

„Politik, das ist dass Bohren von harten Brettern mit Geduld und Augenmaß“. Diese Definition des deutschen Soziologen Max Weber könnte eine Maxime des kommenden slowenischen Präsidenten Danilo Türk sein. Der großgewachsene Sohn eines Lehrers und einer Schneiderin formuliert klar und stets ausgewogen und spricht mit bedächtiger Stimme. Heißblütigkeit und Populismus sind seine Sache nicht. Daher lehnt er übereilte Initiativen in der Ortstafelfrage aus. Befürchtungen, Slowenien könnte diese Frage während seiner EU-Präsidentschaft internationalisieren, kommentiert er so:

„Ich weiß nicht woher diese Idee kommt. Die Präsidentschaft hat ihre Tagesordnung und es werden viele Fragen behandelt werden. Ich hoffe, dass man in den nächsten Monaten eine annähernde Lösung etwa bezüglich der zweisprachigen Aufschriften und anderer Fragen gefunden wird. Ich glaube nicht, dass diese zwei Dimensionen eng verbunden sind, aber sie wissen, dass man heute in der internationalen Gemeinschaft die Probleme sieht und ich denke, dass es gut wäre, wenn es in dieser Zeit auch zu möglichen Lösungen kommen würde.“

Keine geeignete Lösung ist für Turk jedenfalls ein Verfassungsgesetz; ein derartiger Versuch scheiterte im Nationalrat und wurde auch von Slowenien kritisiert:

„Das kann man auch anders lösen, mit einem einfachen Gesetz oder auf eine andere Art und Weise, die aber für die Minderheit annehmbar sein muss. Und natürlich auch für die Mehrheitsbevölkerung, denn es sollte eine Konsenslösung gefunden werden. Wenn wir einen echten Fortschritt haben, dann ist die Form unwichtig.“

Und wie beurteilt Türk die Lage der slowenischen Volksgruppe in Kärnten generell:

„Auch ich denke, dass sich die Dinge verbessert haben, dass die Lage gut ist, aber nicht völlig zufriedenstellend und perfekt. Hier gibt es noch etwas zu tun. Es geht um Fragen, die schon lange auf der Tagesordnung sind; daher ist es wichtig sich mit ihnen zu beschäftigen, ohne die Tatsache aus den Augen zu verlieren, dass die Lage gut ist, dass die Beziehungen zwischen slowenisch- und deutschsprachigen Menschen sehr gut sind, dass wir ein tiefes Verständnis und eine Wertschätzung haben, mit anderen Worten, wir haben politischen Bedingungen, die einen Fortschritt ermöglichen.“

Doch die Ortstafelfrage ist auch mit der Urangst vor territorialen Ansprüchen auf Südkärnten verbunden, die im 20. Jahrhundert zwei Mal sehr real waren:

„Ich verstehe, dass diese Urangst einst ein sehr wichtiger politischer Faktor war. Doch die Dinge haben sich sehr geändert. Slowenien ist heute ein unabhängiger Staat, Mitglied der EU; hier wird die Kommunikation ganz anders sein, denn die Grenzen sind abgeschafft. Und ich denke, dass all das, was diese Urangst einst geschürt hat, nicht mehr besteht.

Und welchen Beitrag kann Slowenien leisten, klagen doch die etwa 2000 deutschen Altösterreicher über mangelnde Rechte und fehlende finanzielle Unterstützung; darüber klagen auch die insgesamt 200.000 Bosnjaken, Serben und Kroaten, während Ungarn und Italiener als anerkannte Minderheiten alle Rechte genießen. Danilo Turk:

„Ich setze mich auf jeden Fall ein für das kulturelle Leben der Angehörigen jener Gruppe ein, die die deutsche, kulturelle Tradition in Gottschee pflegen. Ich werde mich mit ihren Vertretern treffen, so bald es möglich ist, um auch direkt ihre Wünsche kenn zu lernen, und um zu sehen, wie man Fortschritte erzielen kann. Die Sorge um die Kultur ist wichtig auch für Slowenien insgesamt und seinen kulturellen Reichtum; dazu zähle ich den Beitrag der Gottscheer Deutschen; das ist auch wichtig für die Entwicklung des Vertrauens zwischen Österreich und Slowenien.“

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