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Slowenien vor der Präsidentenwahl

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Berichte Slowenien
In Slowenien wird m Sonntag der Staatspräsident neu gewählt. Wahlberechtigt sind etwa 1,6 Millionen Bürger. Der amtierende Präsident Janez Dronvsek hat bereits seine zweite Amtszeit hinter sich und kann nicht mehr antreten. Um seine Nachfolge bewerben sich sieben Kandidaten. Favorit für den ersten Wahlgang ist der konservative Politiker Lojse Perterle; doch er hat kaum Chancen die Mehrheit der Stimmen bereits am Sonntag und damit auch die Wahl zu gewinnen. Der Kampf um den Einzug in den zweiten Wahlgang dürften zwischen dem Karrierediplomaten Danilo Türk und dem früheren Nationalbankpräsidenten Matija Gaspari entscheiden werden. Beide sind eher sozialdemokratisch orientiert. Außenseiterchancen auf den Einzug hat auch der Ultranationalist Marko Jelincic. Unserer Korrespondent Christian Wehrschütz hat in Slowenien den Wahlkampf verfolgt und folgende Reportage gestaltet:

Die Abende in Kranj, dem früheren Krainburg, sind bereits herbstlich kühl. Trotzdem tragen die zwei blonden Sängerinnen der populären Turbo-Folk-Gruppe „Atomic Harmonik“ nur kurze schwarzrosa Kleidchen; schließlich soll den mittelalterlichen Besuchern der Kundgebung von Lojse Peterle nicht nur stimmlich warm ums Herz werden. Die Gruppe verteilt Luftballons und veranstaltet einen Wahlquizz; zu beantworten gilt es die Frage, warum Lojse Peterle der richtige Präsident ist, wie sein Wahlmotto lautet. Dann erscheint Peterle, schreitet durch ein Spalier seiner Anhänger zur Bühne und hält eine kurze Rede. Applaus, Bad in der Menge, Abgang. Peterle ist der einzige der drei seriösen Bewerber, der Volksnähe ausstrahlt. Er ist Musiker, Bienenzüchter, Europaabgeordneter und war erster Regierungschef des unabhängigen Slowenien. Seit damals ist Grenze mit Kroatien umstritten.

„Was die Grenze betrifft, so muss man sich an die Erklärungen halten, die beide Staaten abgegeben haben als sie 1991 die Unabhängigkeit proklamierten. Wir sagten, dass wir den damaligen Zustand achten werden; damals hat Slowenien die Bucht von Piran kontrolliert und hatte direkten Zugang zum offenen Meer.

… betont Peterle. Einem Schiedsgericht zur Lösung der Grenzfrage steht Peterle ebenso reserviert gegenüber wie der Forderung der insgesamt 200.000 Kroaten, Bosnjaken und Serben nach Anerkennung als nationale Minderheiten. Bei diesen Fragen sind kaum Unterschiede zu Matija Gaspari und Danilo Türk auszumachen, schließlich will kein Kandidat seine Chancen schmälern.

Danilo Türk trat auch in Kranj auf, und zwar bei einem Boxturnier in der Sportarena. Ohne Emotionen verfolgt Türk die Kämpfe und überreicht die Pokale. Boxen zählt sichtlich nicht zu den Hobbys des Karrierediplomaten, der demnächst das erste slowenische Lehrbuch des Völkerrechts herausgeben wird. Unterstützt wird er von Teilen der linken Opposition. Türk wirbt mit dem Motto „Ein Präsident, der vereint“:

„Der Präsident muss aktiv sein in der informellen Kommunikation mit dem Ministerpräsidenten, dem Parlament, den Parteien und muss mit allen zusammenarbeiten. Jede öffentliche Stellungnahme muss er sehr sorgfältig überlegen und darf sich nur äußern, wenn es nötig ist. Auch Schweigen kann sehr bedeutsam sein.“

Ähnlich sehen das Peterle und Gaspari , denn die Slowenen sind des Konflikts überdrüssig, den Präsident Janez Drnovsek und Ministerpräsident Janez Jansa öffentlich ausgetragen haben. Im Gegensatz zu Peterle und Türk verzichtet der Wirtschaftsexperte und Golfspieler Matija Gaspari auf das Bad in der Menge. Er spricht vor Diplomaten und kreuzt mit Türk und Peterle vor Spitzenmanagern verbal die Klingen:

„Der Staat muss sich auf Gebiete konzentrieren, die für die Mehrheit der Bevölkerung wichtig sind; dass sind Gesundheit, Schulwesen, vielleicht Teile der Infrastruktur; das gilt dort nicht, wo private Initiative und Führung passend sind; das sind etwa Banken und Versicherungen.“

… kritisiert Gaspari gebrochene Privatisierungszusagen der Regierung. Gaspari verlor unter Janez Jansa sein Amt als Nationalbankpräsident. Ob er Staatspräsident wird ist derzeit ebenso unklar wie die Akzente die der Wahlsieger in einem Amt setzen wird, das hohes Ansehen aber nur wenig Kompetenzen genießt.

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